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APN: Als Pflege-Profi im Krankenhaus

Wie aktuelles, akademisches Pflegewissen den Patientinnen und Patienten zugutekommt, erklärt Dr. Susanne Look. Sie ist APN (Advanced Practice Nurse) am Vivantes Klinikum im Friedrichshain.

APN steht für Advanced Practice Nurse, das ist eine Pflegeexpertin mit Studium. Ist das richtig erklärt? 

Dr. Susanne Look: „Ja, eine APN ist üblicherweise eine Pflegefachperson, die eine pflegerische Ausbildung gemacht hat, dann studiert und eine erweiterte klinische Expertise zu einem bestimmten pflegerischen Thema erworben hat. Idealerwiese hat eine APN einen Masterabschluss oder macht diesen berufsbegleitend. Aber es gibt durchaus unterschiedliche Biografien.“

Welche Ausbildung haben Sie? Haben Sie auch studiert?

Look: „Ich habe eine Krankenpflegeausbildung durchlaufen und habe dann Soziologie studiert, was eher untypisch ist. Danach habe ich lange Zeit in der Schweiz gelebt und habe dort Berufserfahrung als APN gesammelt. Mein Spezialthema ist Patientensicherheit. Nach meiner Rückkehr nach Berlin habe ich mich als APN beworben – und wurde genommen. Seit etwa zwei Jahren bin ich jetzt dabei. Ich habe mitten in der ersten Corona-Pandemiewelle hier angefangen.“ 

Ein Portrait von Dr. Susanne Look, APN bei Vivantes

Eine APN kümmert sich besonders um die Menschen, die ein besonderes pflegerisches Problem haben. Dann versucht man als APN dafür Sorge zu tragen, dass die Patientin oder der Patient die bestmögliche Betreuung bekommt.

APN / APN-Koordination, Pflegeentwicklung im Vivantes Klinikum im FridrichshainDr. Susanne Look

Wo genau arbeiten Sie und was machen Sie? 

Look: „Momentan arbeite ich im Vivantes Klinikum im Friedrichshain und habe dort zwei Aufgaben: Zum einen die Koordination der APN-Aufgaben im Klinikum und zum anderen aktuelles Pflegewissen für alle Standorte von Vivantes bereit zu stellen. Zurzeit überarbeiten wir viele pflegerische Standards. Gemeinsam mit meinem Team bringe ich aktuelles Pflegewissen in die Teams und in die Praxis am Standort. Natürlich nehmen wir auch Impulse aus der Praxis auf.  Dann recherchiere ich viel, um die Fragen der Praktiker zu bestimmten Pflegeproblemen zu beantworten. Natürlich nehme ich mir, wann immer möglich, auch noch Zeit auf die Stationen zu gehen und am Patientenbett zu unterstützen. Zurzeit bin ich oft in der Geriatrie, also der Altersmedizin, und auch in anderen internistischen Stationen.“ 

Im Fokus: Patientinnen und Patienten mit besonderen pflegerischen Herausforderungen

Wie sieht ein typischer Arbeitstag einer APN aus?

Look: „Typischerweise arbeiten wir als APNs auf den Stationen und am Bett. In der Regel verschaffe ich mir zuerst einen Überblick über die Patientinnen und Patienten, die an dem Tag da sind. Normalerweise fokussiert sich eine APN dann auf die Menschen, die ein besonderes pflegerisches Problem haben – wie ein Delir, also einen Verwirrtheitszustand oder einen besonders komplexen Verbandswechsel. Auch bei Entlassungen mit Demenz oder Dekubitusgeschwüren schauen APNs oft genauer hin. Dann versucht man als APN dafür Sorge zu tragen, dass die Patientin oder der Patient die bestmögliche Betreuung bekommt. 
 

Vom kleinen Hinweis bis zum „Joker“

Wie können APNs denn konkret unterstützen? Können Sie Beispiele nennen? 

Look: „Als APN kann ich mir beispielsweise in einem Konsil die Betreuungssituation ansehen. Oft genügt es, mit den Pflegenden auf den Stationen, auch mit Ärzten und Ärztinnen ins Gespräch zu gehen und die pflegerischen Aspekte zu besprechen. Das sind gar nicht immer große Sachen, wir als APN kommen von außen und geben oft nur kleine Hinweise oder können andere Lösungen vorschlagen als im Stationsalltag vielleicht möglich. Manchmal muss ein Problem im Team einfach nur offen benannt werden und dann liegen Lösungen auf einmal auf der Hand, die vorher nicht gesehen werden. Ich sehe mich dann quasi als Katalysator. Manchmal bin ich als APN auch die zusätzliche Ressource, quasi ein Joker, zum Beispiel habe ich schon öfter Angehörige angerufen, die schwer zu erreichen sind, was für die Pflegenden im Stationsalltag oft schwierig ist."

Eine APN bringt aktuelles Pflegewissen in die pflegerische Praxis - Wie kann man es sich konkret vorstellen, neues Wissen in den Stationsalltag zu transferieren? 

Look: „Neben der konkreten Hilfe auf den Stationen habe ich im Vivantes Klinikum im Friedrichshain zusammen mit Kolleginnen ein Schulungskonzept erarbeitet „von der Pflege für die Pflege“. Die Schulungen laufen seit 2021 schon, teilweise auch online. Das ist sehr gut angekommen. Viele haben sich beteiligt und können neues Wissen nun auf den Stationen umsetzen. Leitlinienarbeit, Schulungen, Coaching und Anleiten vor Ort – das ist alles wichtig.“ 

Pflege stärken: es geht um Selbstbewusstsein und Professionalisierung

Was sind die Herausforderungen als APN? 

Look: „Gute Pflege sichtbar zu machen – dabei kann ich unseren Pflegenden helfen, auch wenn ich nicht selbst pflege. Pflege ist ein ganz toller Beruf und ich möchte die Pflegenden darin bestärken, das zu tun, was sie gelernt haben. Es geht nicht nur um Zeit, sondern auch um ein Selbstbewusstsein und um Professionalisierung. Ein weiterer Punkt: Da APNs ja relativ neu in den deutschen Krankenhausstrukturen sind, ist das Berufsbild selbst noch nicht so etabliert. Dadurch habe ich viel Freiraum in der Arbeitsgestaltung. Und ich muss betonen: Die anderen Berufsgruppen Ärzt*innen, Physiotherapie oder Logopädie reagieren oft sehr positiv auf APN`s– vor allem viele aus der jungen Generation, von denen einige schon im Ausland waren und die Rolle einer APN kennen.“

Gibt es etwas, was Ihnen als APN besonders viel Freude macht?
Look:
„Ich freue mich besonders, wenn ich sehe wie sich meine Arbeit positiv auf Patientinnen und Patienten oder auch Angehörige auswirkt: Wenn etwa ein verwirrter Patient merkt, dass er hier doch gut aufgehoben ist. Oder wenn Angehörige beruhigt und zuversichtlich sind. Ich freue mich aber auch wenn Pflegende sich auf einmal im Umgang mit bestimmten Pflegeproblemen sicher fühlen und selbstbewusst Pflegeprozesse steuern. Rückmeldungen zu meiner Arbeit kommen oft auf Umwegen zu mir, aber sie erreichen mich und es freut mich sehr, wenn ich jemandem helfen konnte.“ 

 
 
Advanced Practice Nursing am Klinikum im Friedrichshain

Seit 2020 wird das Konzept des Advanced Practice Nursing (APN) am Klinikum im Friedrichshain systematisch eingeführt und ausgebaut. Dieses international anerkannte Konzept basiert darauf, dass akademisch ausgebildete Pflegeexpert*innen für eine bestimmte Patientengruppe eine erweiterte und vertiefte pflegerische Versorgung anbieten.

Die Pflegeexpert*innen aus dem Klinikum im Friedrichshain sind auf sogenannten Ankerstationen eingesetzt. Ihre Aufgaben und Rollen entwickeln sie dort stationsspezifisch, eigenständig und zielgruppenorientiert. Sie orientieren sich dabei am sogenannten PEPPA-Framework (Bryant-Lukosius and DiCenso, 2004).

Darüber hinaus gibt es stationsübergreifende, pflegerische Schwerpunktthemen, die von den Pflegeexpert*innen am Standort bearbeitet werden:
•    Dekubitusprävention sowie Dekubitus- und Wundmanagement
•    Delirprävention und Delirmanagement
•    Schmerz

Die Pflegeexpert*innen unterstützen die Pflegenden auf den Stationen mit folgenden Angeboten:
•    Durchführung von (interprofessionellen) Fallbesprechungen und Pflegevisiten, ggf. auch vertiefte Fallanalysen
•    Monitoring und Verbesserung der Pflegequalität
•    Entwicklung und Implementierung evidenzbasierter Handlungsempfehlungen, Leitlinien und Standards
•    Planung, Durchführung und Evaluation von Praxisentwicklungsprojekten
•    Planung, Durchführung und Evaluation von stationsinternen Schulungen
•    Einbindung von Bachelor- und Masterstudierenden in laufende Praxisentwicklungsprojekte

Zur Entwicklung und Unterstützung einer evidenzbasierten Pflegepraxis wird vier Mal im Jahr ein „Journal Club“ durchgeführt, der auch interessierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern offensteht. Im Journal Club werden aktuelle Fachpublikationen gemeinsam gelesen und bearbeitet. Ziel ist es neues Wissen in die pflegerische Praxis zu transferieren, Forschungskompetenzen zu erweitern und durch die gemeinsame kritische Reflexion, Anregungen für eigene, pflegewissenschaftliche Projekte zu entwickeln.

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