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Ein Tag auf der Intensivstation

Boris Palm arbeitet als Gesundheits- und Krankenpfleger auf der Intensivstation des Vivantes Klinikum Kaulsdorf. Er berichtet über einen typischen Tag in seinem herausfordernden Beruf.

Intensivpflege: Ganz nah am Menschen

DER DIENST beginnt. Von den Kollegen und Kolleginnen aus der Nachtschicht bekommt Boris Palm zur Übergabe die wichtigsten Informationen: Bei den drei Patientinnen und Patienten, die er derzeit betreut, sind keine Komplikationen aufgetreten, es war also eine recht ruhige Nacht. Nur bei einer 73-jährigen Frau scheint es Probleme mit der Beatmung zu geben – die Ärzt*innen werden später entscheiden, ob bei ihr deshalb eine Bronchoskopie gemacht werden sollte. Boris Palm müsste sie dann auf die Untersuchung vorbereiten. Alles ist besprochen – er geht zum ersten Patienten.

Beruf in der Pflege – mit 16 Jahren entschieden

Ich wollte damals vor allem mit Menschen im Kontakt sein. Die Ausbildung war damals und ist auch heute nicht einfach.

ITS-Fachkraft & PraxisanleiterBoris Palm

Mit 16 Jahren entschied sich der heute 46-jährige Boris Palm für einen Beruf in der Pflege. In seiner Familie haben viele soziale Berufe ergriffen – der Vater war medizinischer Bademeister, die Mutter Altenpflegerin. „Ich wusste, dass der Arbeitsalltag viele Herausforderungen mit sich bringt. Ich wollte es trotzdem und bin bis heute sehr froh, dass ich diesen Weg gegangen bin“, so Boris Palm, der heute als Praxisanleiter selbst den Nachwuchs ausbildet.

Dem Patienten als Mensch begegnen

BORIS PALM betreut heute unter anderem einen 57-jährigen Mann, der nach einer schweren Tumor-Operation intensivmedizinisch versorgt werden muss. Er ist wach und ansprechbar. „Wie geht es Ihnen, was machen die Schmerzen?“, fragt der Pfleger. Immer wieder versucht er, mit dem Patienten ins Gespräch zu kommen und motiviert ihn, bei der Körperpflege mitzuwirken. „Es ist wichtig, dass die Patient*innen sich hier als möglichst selbstwirksam erleben. Sie sind den Geräten und der Behandlung weitestgehend ausgeliefert, aber sie sollen spüren, dass wir ihnen als Menschen begegnen und dass sie aktiv werden dürfen.“ In dieser intensiven Zeit mit dem Patienten am Morgen prüft Boris Palm auch Verbände, Drainagen und Abläufe. Der Wechsel von Infusionen muss besonders konzentriert verlaufen, vor allem bei kreislauf-stabilisierenden Medikamenten.

Sicherer Überblick im ITS-Stationsalltag

„Teilweise bekommen die Patient*innen ein Dutzend Mittel und mehr gleichzeitig“, so Boris Palm. „Ich muss daher immer einen sicheren Überblick haben und den Wechsel gut organisieren, damit sie ihn möglichst stressfrei überstehen.“

Intensivmedizinsch weitergebildet

Boris Palm arbeitete mehr als 18 Jahre lang in der Rettungsstelle einer Klinik, bevor er vor gut zwei Jahren zu Vivantes wechselte. „Die Arbeit dort habe ich sehr geliebt, aber mein Team brach auseinander, und so habe ich mich neu orientiert.“ Den Wechsel auf die Intensivstation empfand er zunächst als Herausforderung: „Weil man hier noch viel mehr Geräte an den Patient*innen sieht. Ich bin aber dabei geblieben und habe mich auch für eine Weiterbildung zum Krankenpfleger für Intensivmedizin und Anästhesie entschieden. Zwei Jahre drücke ich nun die Schulbank beim Berufsbildungscampus für Gesundheitsberufe (BBG).“

BORIS PALM ist dankbar, dass Vivantes ihm diese zusätzliche Ausbildung ermöglicht. Überhaupt hat er den Wechsel zu einem der größten deutschen kommunalen Klinikkonzerne als sehr positiv erlebt.

Ich habe in Dr. Martin Franz einen ganz tollen Chefarzt, der menschlich wie fachlich immer ein offenes Ohr hat. Zudem werde ich besser bezahlt als bei meinem ehemaligen Arbeitgeber.

ITS-Fachkraft & PraxisanleiterBoris Palm

Woher die Motivation im ITS-Alltag kommt

DAS TEAM der internistischen Ärzt*innen geht über die Station, in jedes Patient*innen-Zimmer. Unter anderem wird besprochen, welche Untersuchungen für den Tag anstehen. Boris Palm bereitet alles dafür vor, legt zum Beispiel einen venösen Zugang oder einen Blasenkatheter. Den Pfleger motiviert vor allem, wenn es seinen Patient*innen durch seine Versorgung besser geht, sie kritische Situationen gut überstehen. Aber auch, wenn er schwer erkrankte Menschen dabei unterstützen kann, in Ruhe und Frieden zu gehen: „In Absprache und unterstützt von den Ärzt*innen begleiten wir sie aus der Pflege würdevoll auf ihrem letzten Weg.“

„Ärzt*innen sind auf unsere Berichte angewiesen“

DAS MULTIPROFESSIONELLE Team aus Ärzt*innen, Physiotherapeut*innen und Pfleger*innen kommt zur täglichen Besprechung über alle Patient*innen zusammen. „Dieser Austausch unter den Kolleg*innen ist sehr wichtig“, sagt Boris Palm. „Als Pflegekräfte erleben wir die Patient*innen jeweils acht Stunden am Stück in unserer Schicht, sind ganz dicht an ihnen dran – die Ärzt*innen sind darauf angewiesen, dass wir berichten, was wir sehen und erleben. Ist unser Wissen gefragt, bedeutet das auch für uns eine Wertschätzung.“

BEI DER 73-JÄHRIGEN SENIORIN soll nun eine Bronchoskopie durchgeführt werden, um die Stärke der Verschleimung der Atemwege zu prüfen. Boris Palm begleitet sie und unterstützt auch die Ärzt*innen während der gesamten Untersuchung. Bei der bildgebenden Diagnostik wie CT oder Röntgen ist er ebenfalls dabei. „Es sind kritische Augenblicke, wenn man mit Schwerstkranken die Intensivstation verlassen muss“, berichtet er. „Wir nehmen den Notfallkoffer mit, und sie werden auch unterwegs dauerhaft am Monitor überwacht.“

Leben und Tod – Wie kommt man damit zurecht?

HÄUFIG geht es um Leben und Tod – das belastet auch das Personal. „Ich bin in vielen Momenten an meine Grenzen gekommen, etwa bei Kindern oder jungen Erwachsenen, die erfahren, dass sie bald sterben werden. Doch sie brauchen uns Pflegekräfte dann umso mehr.“ Boris Palm hat an sich erfahren, dass er in entscheidenden Momenten absolut professionell agiert: „In der Situation selbst funktioniere ich immer.“

Darüber sprechen hilft

Nimmt er quälende Gedanken mit nach Hause, dann ist es wichtig, darüber zu sprechen: „Meine Frau ist selbst Krankenschwester, mit ihr kann ich gut reden. Aber auch im Team tauschen wir uns aus.“ Er erinnert sich an die Reanimation einer schwangeren Frau vor vielen Jahren: „Wir haben stundenlang um ihr Leben gekämpft und es nicht geschafft. Das haben wir intensiv nachbesprochen. Solche Erlebnisse bleiben im Kopf, aber ich kann inzwischen damit umgehen.“

DAS DIENSTENDE ist in Sicht. Boris Palm übergibt an die Kollegin aus dem Spätdienst, berichtet ihr, wie der Tag bisher verlaufen ist. Sie wird die Patient*nnen weiter betreuen: sie mobilisieren, ihnen Medikamente verabreichen, ihre Verbände prüfen und Systeme wechseln. Ein letzter Blick noch in die Zimmer seiner Schützlinge, dann macht sich Boris Palm auf den Heimweg.

Sport als Ventil

SPÄTER WILL ER NOCH LAUFEN – der Sport ist für ihn auch ein Ventil, um mit den psychischen wie auch physischen Belastungen seines Berufs umzugehen. Er trainiert mehrmals pro Woche, unter anderem das Selbstverteidigungssystem Krav Maga.

Sich auszupowern tut gut. Man kann Gefühle rauslassen: Wut, Traurigkeit, aber auch Freude. Und dann wieder Kraft und Optimismus tanken für den nächsten Dienst. Mein Beruf ist toll, und er ist erfüllend. Er ist ganz dicht dran am Menschen – und das bedeutet Leid wie auch Freude und Hoffnung, genauso wie im Leben.

Boris PalmITS-Fachkraft & Praxisanleiter

Interview mit Boris im Vivantes Magazin

Fotos

Büro für Fotografie und Bild