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Pflege - warum es keinen schöneren Ausbildungsberuf gibt

Christine Vogler ist Leiterin des Berliner Bildungscampus für Gesundheitsberufe (BBG). Im Interview gibt sie einen Blick hinter die Kulissen der Pflegeausbildung an der neu gegründeten Schule von Vivantes und Charité im Pandemiejahr 2020.

Gesundheit macht Schule

Pflegeausbildung und mehr in der Pandemie - im Januar 2020 hat die Berliner Bildungscampus für Gesundheitsberufe gGmbH von Vivantes und Charité ihren Betrieb aufgenommen, im März kam der erste Lockdown. Die Leiterin Christine Vogler ist gelernte Pflegepädagogin und seit dreißig Jahren im Gesundheitsbereich tätig.

Frau Vogler, Sie brennen für den Pflegeberuf – warum?

Christine Vogler: "Es gibt keinen schöneren! Wir haben die Kompetenz, kranken und eingeschränkten Menschen zu helfen, ihnen Perspektiven zu eröffnen und bekommen so viel Dankbarkeit zurück. Wer einen Gesundheitsberuf hat, sollte ihn lieben! Die öffentliche Kritik, die geübt wird, bezieht sich nur auf die Strukturen: Wie ist mit dem Schichtdienst umzugehen, wie kommen wir an verlässliche Dienstpläne, welche Erleichterungen helfen Familien? Wir müssen uns fragen: Wie lassen sich Rahmenbedingungen verbessern?"

Wir haben die Kompetenz, kranken und eingeschränkten Menschen zu helfen, ihnen Perspektiven zu eröffnen und bekommen so viel Dankbarkeit zurück.

Pädagogische Leiterin der Berliner Bildungscampus für Gesundheitsberufe GmbHChristine Vogler

Sie blicken als pädagogische Leiterin auf das erste Schuljahr des Bildungscampus zurück. Worauf sind Sie besonders stolz?

Vogler: "Es ist uns gelungen, unter Pandemiebedingungen zwei etablierte Schulen für Gesundheitsberufe mit Bravour zusammenzuführen. Gerade mal 9 Wochen nach der Gründung kam der erste Lockdown und wir mussten schließen. Aber die Transformations- und Changeprozesse liefen weiter, wir setzten IT-Strukturen für unsere drei Standorte um und starteten in den digitalen Unterricht. Im April letzten Jahres kam dann noch die große Veränderung durch das Pflegeberufegesetz, das Kranken-, Kinder- und Altenpflege zusammenfasst."


"Pädagogische Arbeit und Lehre ist Beziehungsarbeit"

Die Schulen von Vivantes und Charité sollen im BBG zusammenwachsen. Geht das?

Vogler: "Klar identifizieren sich die Azubis jeweils stark mit ihrem eigenen Träger der praktischen Ausbildung. Umso wichtiger war es uns, die Klassen zu durchmischen. So können alle voneinander lernen! Und die Träger haben die Chance, die Azubis in die eigene Unternehmenskultur einzuführen. Die beiden Schulen hatten unterschiedliche Historien und Curricula, die zusammengebracht wurden. Doppelstrukturen wurden abgeschafft, die Pflegeschulen neu strukturiert zu fünf „Schulen in der Schule“ mit jeweils rund 500 Azubis. Mehr wäre schwierig, denn pädagogische Arbeit und Lehre ist Beziehungsarbeit." 

Haben sich auch die neu entstandenen Teams der Lehrkräfte gut verstanden?

Vogler: "Ja, fast 50 neue Kolleginnen und Kollegen aller Altersstufen haben im BBG angefangen, sodass wir zusammen mit den Lehrkräften von Charité und Vivantes jetzt rund 210 Mitarbeitende sind – eine enorme Aufgabe, die wir aber dank des Engagements aller sehr gut bewältigt haben."


Neue Ausbildungsgänge für MTRA und ATA gestartet

Was steht als nächstes auf der Agenda?

Vogler: "Nachdem wir nach kaum einem Jahr zwei neue Ausbildungsgänge für Medizinisch-Technische-Radiologieassistenz (MTRA) und Anästhesietechnische-Assistenz (ATA) gegründet hatten, planen wir jetzt die Gründung einer Schule für Medizinische Sektions- und Präparationsassistenz (MSPA). Dann bieten wir insgesamt sieben Ausbildungsgänge an sowie 12 Weiterbildungen und die Fortbildung zur Altenpflegehilfe. Wir sind sehr froh, dass diese Chance für Umschuler jetzt auch von der Agentur für Arbeit gefördert wird.

Noch ist die Schule in den alten Räumlichkeiten. Wann wird es am neuen Campus losgehen?

Vogler: "Wir bauen in Spandau einen weitläufigen, eigenen Campus mit Wohnbereichen, Schul- und Aufenthaltsräumen. Es soll ein lern- und lebenswerter Ort werden, an dem die Auszubildenden alles finden, was sie brauchen. Es wird aber noch eine Weile dauern, bis es so weit ist."

Netzwerken und mitgestalten im Pflegerat

Sie sind nicht nur Schulleiterin, sondern auch im Deutschen Pflegerat aktiv. Lässt sich das miteinander vereinbaren?

Vogler: "Beide Tätigkeiten erfordern viel Zeit, aber sie fördern und befruchten sich auch gegenseitig – die Grenzen sind fließend. Ich komme viel herum, kann netzwerken und mitgestalten, wenn auf Bundesebene Ausbildungsgesetze geformt und beschlossen werden. So erfahre ich früh, wie Tendenzen sind, kann Einfluss nehmen, Verständnis für andere und meine eigene Position als Fürsprecherin der Pflege entwickeln und alles in die praktische Arbeit einbringen."

Was bedeutet Ihnen dieses „Großprojekt BBG“ ganz persönlich?

Vogler: "Es ist Teil meines Lebens, ich bin stolz dabei sein zu dürfen. Nie wird mir vermittelt „das klappt nicht!“ – Vom ersten Tag an gingen wir mit der Überzeugung voran, es zu schaffen. Ich bin froh über den Mut der Träger Charité und Vivantes, die die Entwicklungen begleiten und uns den Rahmen geben, in dem wir wachsen können. Ich sehe mich als Dienstleisterin für diese Einrichtung, mit der wir schon durch unsere Größe viel bewegen können für die Versorgung der Menschen."