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Vietnamesische Azubis im Klinikum Am Urban: Wir stehen, halten und bleiben zusammen!

Ende 2019 kamen 149 vietnamesische Auszubildende zu Vivantes, um ihre praktische Pflegeausbildung zu machen. 15 von ihnen sind seither im Vivantes Klinikum Am Urban. Das dortige Pflegeteam um Pflegedirektorin Jeanette Liersch mit Praxisanleiterinnen Karoline Knorr und Stefanie Gierth hat daraufhin ein Konzept entwickelt, damit sich die Pflegeazubis in ihrem neuen Einsatzort wohlfühlen und in Deutschland und bei Vivantes gut ankommen.

Mit Ihrem Konzept haben Sie beim Ideenwettbewerb „Vivantes ausgezeichnet“ den ersten Preis in der Kategorie „Soziales“ gewonnen – Glückwunsch!

Stefanie Gierth: Danke! Ja, wir haben uns sehr gefreut! Einfach auch, weil wir sehr viel Zeit, Geduld und Herzblut eingebracht haben, um unsere Azubis mit ihrem kulturellen Hintergrund kennen zu lernen und abholen zu können. Denn nur so behalten sie ihre Motivation und Lust dabei zu bleiben! Es ist schön, wenn das mit Erfolg gekrönt wird!

Wie kam die Idee für das Integrationsprojekt zustande?

Karoline Knorr: In kurzer Zeit kamen sehr viele vietnamesische Azubis zu uns, die damit natürlich weit weg von der eigenen Heimat waren und sich in Deutschland in einer unbekannten Kultur und anderer Arbeitsweise im Krankenhaus zurechtfinden sollten. Es wurde bald deutlich, dass wir weit über die bereits im Vorfeld geplanten Maßnahmen und Aktivitäten hinaus, individuelle Maßnahmen umsetzen müssen. Die Integration gelingt nur, wenn wir das gemeinsam angehen und sie dabei unterstützen.

Nominierungsvideo "Vivantes ausgezeichnet!"

Wie sind Sie dabei vorgegangen?

Stefanie Gierth: Wir haben ihnen zuerst ein Willkommensprogramm organisiert – so wie an den anderen Vivantes Standorten auch. Mit großem Frühstück und Klinikführung. Die Azubis konnten das Team der Pflegedirektion, alle beteiligten Stationsleitungen und Praxisanleiter*innen kennenlernen und Fragen stellen. Am zweiten Tag haben wir die Klinikumgebung erkundet.

Das klingt doch nach einem gelungenen Start!

Karoline Knorr: Absolut. Wir haben gemerkt, wie wichtig gemeinsame außerklinische Aktivitäten sind. Da kamen auch zurückhaltende Azubis plötzlich total aus sich raus. Wir haben bewusst auch deutschsprachige Azubis dazu geholt, um mehr Austausch möglich zu machen. Ein Highlight war zum Beispiel das vietnamesische Tet-Fest. Da haben wir zusammen gekocht – sogar Angehörige waren per Video-Schalte dabei. Toll war auch ein Ausflug in die Beelitzer Heilstätten, wo früher Tuberkulose behandelt wurde. So konnten wir leicht eine Verbindung zwischen der Medizingeschichte und der TBC-Behandlung heute herstellen.

Aber das Integrationsprojekt geht über das gemeinsame soziale Leben hinaus, oder?

Karoline Knorr: Ja. Wir haben uns vor und nach den Praxismodulen immer genau angesehen, was die Azubis mitgenommen haben. Wo sind ihre Stärken und Schwächen, die haben wir evaluiert und dann geguckt, wie wir eingreifen können, Skillräume geschaffen. Eine Vietnamesin hatte z.B. nur als Hebamme gearbeitet, da brauchten wir für die Pflege dann einen anderen Fokus. Manche verstanden das Gehörte nur teilweise. Für mehr Sicherheit im Sprachgebrauch haben wir dann Leseunterricht angeboten.

Stefanie Gierth: In Vietnam werden Pflegebedürftige immer nur von Familienangehörigen gewaschen, deshalb kennen Pflegefachleute dort keine Grundpflege, da müssen wir dann mit viel Fachwissen nachsteuern. Und wenn sie die Sprache nicht sprechen, können sie Patient*innen natürlich auch nicht fragen, was sie brauchen. In Vietnam werden im medizinischen Kontext auch keine lateinischen Begriffe gelehrt, auch das haben wir nachgeholt.

Was gab es sonst noch für Hürden, für die Vietnames*innen?

Karoline Knorr: Die Sprachbarrieren führen natürlich zu verschiedenen Unsicherheiten. Da ist Wiederholung ganz wichtig, um sich zu vergewissern, dass alles verstanden wurde! Auch kann man nicht immer nach „Schema F“ vorgehen und muss eigenverantwortlich individuelle Entscheidungen treffen.

Wie wurde der Unterricht ganz praktisch gestaltet?

Stefanie Gierth: Neben den wöchentlichen Evaluationsrunden gibt es interkulturelle Anleitungstage, an denen wir pflegerische und medizinische Zusammenhänge erklären in Kombination mit Rollenspielen und Übungen an Modellen. So verbindet sich die Theorie mit der Praxis. Das ganze erfolgt im Rahmen eines von uns entwickelten Curriculums zu den verschiedenen Krankheitsbildern, diagnostischen Verfahren und Pflegestandards.

Der schönste Erfolg ist, dass alle 15 Azubis gesagt haben, dass sie nach ihrem Abschluss im Urban bleiben wollen!

Stefanie Gierth

Sehen Sie schon Erfolge, zum Beispiel nach ersten praktischen Leistungsüberprüfungen?

Karoline Knorr: Ja, aber es ist natürlich ein Prozess. Wir haben in den Leistungsüberprüfungen gesehen, in welchen Bereichen wir noch Wissen für die Examensvorbereitung vermitteln müssen und die Azubis intensiv darauf vorbereitet. Abgesehen davon freuen wir uns, dass in unserer gemeinsamen Zeit aus Kollegen echte Freunde geworden sind – sie nennen Steffi schon „Mama“ und sehen mich als „Tante“ (lacht). Mit den deutschen Azubis entsteht auch eine eigene Dynamik auf der Station und das neue Wissen wird sofort ausprobiert. Wir wissen jetzt schon, diese Zeit werden wir nie vergessen!

Stefanie Gierth: Der schönste Erfolg ist, dass alle 15 Azubis gesagt haben, dass sie nach ihrem Abschluss im Urban bleiben wollen!