Warum ich gerne im Krankenhaus arbeite – und nicht mehr im Leasing
Ich habe immer "meine" Station gesucht und möchte ganzheitlich pflegen
Frau Meinicke, Sie haben jahrelang im Leasing gearbeitet, waren in vielen Krankenhäusern und auf noch mehr Stationen im Einsatz. Sie konnten sich Ihre Schichten aussuchen und haben auch viel Geld verdient. Warum sind Sie nun im Friedrichshainer Klinikum angestellt?
Marleen Meinicke: „Da möchte ich ein bisschen ausholen: Nach einer Ausbildung habe ich erstmal keine Anstellung in der Palliativpflege gefunden. Weil ich auch noch studieren wollte und eine Familie gegründet habe, war das Leasing für mich gut, eben da es so flexibel war. Und ich habe auch immer meinen Platz, „meine Station“ gesucht. Nun habe ich sie gefunden.
Mir ist bewusst geworden, dass ich als Leasingkraft zwar in der pflegerischen Versorgung zeitbegrenzt das Stammpersonal unterstütze, jedoch nicht die Pflegequalität bringen kann wie Pflegefachkräfte in Festanstellung. Auch wenn ich noch so patientennah gearbeitet und mich als Leasingkraft im kollegialen Austausch so gut wie möglich eingebracht habe, konnte ich der pflegerischen Arbeit nicht gerecht werden. Daher meine Erkenntnis: Als Leasingkraft ist es mir nicht möglich, meine Patient*innen ganzheitlich zu pflegen.“
Nur Momentaufnahmen und keine echten Beziehungen
Und deshalb sind Sie ins Krankenhaus gewechselt?
Marleen Meinicke: „Ja. Ich habe an einem Punkt gemerkt, dass ich als Leasingkraft einfach für die Patient*innen nicht mehr leisten kann und zur Pflegequalität nichts beitrage, auch wenn ich wollte. Es steckt so viel mehr hinter einem Pflegeprozess, was man als Aushilfe einfach nicht überblicken kann. Denn ich sehe den oder die Patient*in nur eine Schicht, nur acht Stunden lang. Danach sehe ich diesen Menschen nie wieder und kann auch keine Beziehung aufbauen, die Aufnahme habe ich nicht mitbekommen und die Entlassung verpasse ich auch.
Als ich das alles erstmal für mich erkannt hatte, gab es für mich kein Zurück mehr: Ich wollte aus diesen Momentaufnahmen als Leasingkraft raus und wieder zurück in ein beständiges Team.“
Es geht Ihnen also vor allem um die Patient*innen und um die Qualität der Pflege?
Marleen Meinicke: „Ganz genau. Wenn man nur so kurz da ist, hilft das auch dem Pflege-Team nur bedingt. Ich war ja auch fremd auf der Station, konnte bei der Dokumentation nicht unterstützen und auch sonst wenig beitragen. Mir selbst hat das regelmäßige Feedback gefehlt - von den anderen Mitarbeitenden und auch von den Patient*innen. Jetzt werde ich wieder als Teammitglied wahrgenommen und bin eingebunden. Das ist ein gutes Gefühl.“
Als Pflegeexpertin (oder auch Advanced Practice Nurse APN) im Klinikum sind Sie weiterhin für die Patient*innen da und entwickeln ja auch Prozesse weiter und sorgen für mehr Pflegequalität. Was kann man sich darunter vorstellen?
Marleen Meinicke: „Wir als Pflegeexpert*innen legen einerseits einen hohen Wert auf die pflegerische Qualität und andererseits auf eine evidenzbasierte Versorgung an den Patient*innen, also nach aktuellsten wissenschaftlichen Erkenntnissen. Daher arbeiten wir an pflegerelevanten Konzepten und Methoden, um eben unsere Patient*innen bestmöglich zu versorgen. Unsere Aufgaben sind also sehr vielfältig und vor allem bilden wir eine wertvolle Schnittstelle zur Professionalisierung in der Pflege.“
Was machen Sie dann konkret auf Station?
Marleen Meinicke: „Als Pflegeexpertin setze ich mich mit bestimmten pflegerischen Themen auseinander und schaue, wie ich evidenzbasierte Standards in die alltägliche Pflegepraxis übersetzen kann. Zum Beispiel haben wir kürzlich unsere Mutter-Kind-Station eingeführt. Dazu gehört selbstverständlich auch, die Pflegefachkräfte zu befähigen, mit diesen evidenzbasierten Standards tagtäglich zu arbeiten. Ich stehe natürlich auch sonst den Pflegefachkräften stets zur Verfügung, unterstütze sie bei der Patient*innenberatung oder spreche auch selbst mit den Angehörigen. Praktisch führe ich also pflegerische Konsile bei Patient*innen mit hochkomplexen Pflegebildern durch und schaue mit einer pflegewissenschaftlichen Brille den oder die Patient*in genauer an - insbesondere, wenn es mal Probleme gibt. So kann ich mich auf der Station einbringen und die Pflegefachkräfteunterstützen.“
Welche Rolle spielt die Arbeit in einem festen Team für Sie?
Marleen Meinicke: „Eine sehr große, wie ich es nun jeden Tag erlebe: Nur in stabilen Teams ist es uns Pflegenden möglich, die Menschen, die wir versorgen, von der Aufnahme bis zur Entlassung nach den aktuellen Qualitätsstandards zu betreuen. Wenn ich mich in meiner jetzigen Funktion als Pflegeexpertin reflektiere, dann hatte die Arbeit als Leasingkraft für mich, für das Stammpersonal und für die Patient*innen keinen Mehrwert. Jetzt ist es mir möglich für die Patient*innen da zu sein und finde damit auch Zufriedenheit im Team.“
Der Artikel ist auch erschienen im Newsletter PflegeJetztBerlin der BKG: