Veröffentlicht am

Fehlender Lebensmut – was wir für Menschen in unserem Umfeld tun können

Der Frühling erwacht, aber die eigene Stimmung bleibt düster? Manchmal ist es nicht nur die dunkle Jahreszeit, die Schwermut auslöst. Prof. Dr. Stephanie Krüger, Chefärztin der Vivantes Departments für Seelische Gesundheit in Reinickendorf und Spandau erklärt, wie wir Menschen helfen können und wann professionelle Hilfe gefragt ist.

Die Sonne scheint, müsste der „Winterblues“ nicht überwunden sein?

Es gibt zwar die sogenannte meteoropathische Veranlagung, oder saisonale Wetterfühligkeit, gegen die Spaziergänge an der frischen Luft und in der Sonne helfen können, aber diese muss man von schwerer Depression unterscheiden. Rein statistisch gibt es im Frühjahr sogar mehr Suizide, vielleicht, weil die Natur erwacht und die eigene Traurigkeit einen großen Kontrast dazu bildet.

Was sind Faktoren, die Menschen den Lebensmut nehmen?

Depressionen sind der häufigste Grund, auch in Verbindung mit Vereinsamung und Isolation. Aber auch chronische körperliche Erkrankungen, oder Schmerzen. Insgesamt führt fehlende Sinnhaftigkeit in solche scheinbar ausweglose Situationen. Manche Männer, die sich vor allem über ihren Beruf definieren, werden depressiv, wenn sie in Rente gehen. Daher ist es dann besonders wichtig, sich eine neue, sinnstiftende Betätigung zu suchen. Aber mit fortschreitender Gleichberechtigung sehen wir das natürlich auch bei Frauen.

Gibt es Warnzeichen, für Familie und Freunde, auf die geachtet werden muss?

Wenn Freunde oder Bekannte sich stark verändern, oder sich über längere Zeit nicht ihrem Wesen gemäß verhalten, entweder sich zurückziehen, stiller werden, aber durchaus auch ungewöhnlich überdreht sind, oder viel gelöster als vorher, können das Anzeichen sein. Natürlich gibt es auch Menschen, die ohnehin gern allein sind, das sollte nicht verwechselt werden.

Wenn man sich um einen Freund oder Verwandten sorgt, ist es dann nicht auch schwierig, das Thema anzusprechen?

Es ist wichtig, im Gespräch keinen Druck auszuüben, indem man die Situation der Betroffenen klein redet, etwa „das ist doch nur eine Phase“, oder „steh doch einfach mal auf!“. Es geht vielmehr darum, Verständnis aufzubringen und empathisch, ohne Bewertung nachzufragen, was los ist. Angehörige sind aber keine Therapeut*innen!

Wie soll man reagieren, wenn jemand offen anspricht, dass er sich das Leben nehmen möchte?

So eine Aussage muss man sehr ernst nehmen. Immer. Es wäre auch falsch dem Thema aus dem Weg zu gehen in dem Glauben, dass der Betroffene dadurch erst auf falsche Gedanken kommt. Es ist dann Aufgabe des Facharztes oder der Fachärztin zu entscheiden, ob es sich um einen Hilferuf handelt, oder eine ernsthafte Absicht.
Es gibt auch Menschen, die überhaupt nicht darüber sprechen, aber alles vorbereiten bis hin zu einem Abschiedsbrief. Das bekommt die Außenwelt mitunter gar nicht mit.

Wie behandeln Sie Menschen mit Suizidgedanken in der Klinik?

In einer akuten Notsituation setzen wir Medikamente ein, um die schwarzen Gedanken der Betroffenen aufzulösen. Denn wir müssen sofort und ohne Aufschub handeln. Das ist die Grundlage, um dann im Gespräch zu klären, was passiert ist, was dahintersteht. Wenn keine psychische Erkrankung vorliegt, die wir behandeln können, ist es natürlich besonders herausfordernd das Gegenüber zu erreichen und ihm Mut zu machen.

Über das Department für Seelische Gesundheit im Berliner Norden

Das Department für seelische Gesundheit am Vivantes Humboldt-Klinikum im Bezirk Reinickendorf steht Menschen in allen Fragen der seelischen Gesundheit zur Seite: ob bei Depressionen, Stresserkrankungen, Angststörungen, bipolaren Störungen oder sogenannten affektiven Erkrankungen. 

Unser Team

Auch im Department für seelische Gesundheit am Vivantes Klinikum Spandau werden Sie zeitgemäß und nach allen zur Verfügung stehenden wissenschaftlichen Erkenntnissen und Therapiekonzepten behandelt und begleitet. 

Kontakt und Sprechzeiten