Veröffentlicht am

"Hinter der Glaswand": So läuft es in den Corona-Abklärungsstellen

In nur wenigen Tagen hat Vivantes im März 2020 in Berlin drei Abklärungsstellen eingerichtet, in denen Menschen auf das Coronavirus getestet werden können. Christina Weinhold, die sonst als Referentin im Direktorat Pflegestrategie und Betreuungsmanagement bei Vivantes arbeitet, ist dort nun seit dem 09. März 2020 im Einsatz und unterstützt die ärztlichen und pflegerischen Teams. Sie berichtet in einem Interview von ihren ersten Arbeitstagen.

Ablauf in Corona-Abklärungsstellen

Frau Weinhold, können sie vorab noch einmal erzählen, warum die Abklärungsstellen so schnell eingerichtet werden mussten?
Christina Weinhold: Viele Menschen in Berlin machen sich Sorgen, weil sich das Coronavirus jetzt auch in Deutschland schnell ausbreitet. Weil es sehr ansteckend ist, sind entsprechende Schutzvorkehrungen nötig. Deshalb wurde entschieden die Anlaufstellen zu schaffen, die getrennt vom Klinikbetrieb arbeiten und nach den Richtlinien des Robert-Koch-Instituts auf das Coronavirus testen. So kann das gesamte Gesundheitssystem – von den Rettungsstellen bis zu Haus- und Amtsärzten entlastet werden.

Was genau machen Sie in der Abklärungsstelle?
Gerade ist meine Aufgabe, am Eingang über ein Durchreich-Rohr einen Mund-Nasenschutz und eine Wartemarke auszugeben. Es kommen Menschen mit grippalen Symptomen her, ob ein Test sinnvoll und notwendig ist, entscheidet eine Ärztin bzw. ein Arzt nach einem Beratungsgespräch. Es wird geklärt, ob es Kontakt zu einer infizierten Person gab, oder sich die oder der Betroffene in einem Risikogebiet aufgehalten hat. Welche Orte dazu gehören, kann man auf den Internetseiten des Robert-Koch-Instituts nachlesen, die werden täglich aktualisiert.

Wie kann man sich die Abläufe vorstellen? Soll man sich vorher telefonisch anmelden?
Nein, eine telefonische Anmeldung ist leider nicht möglich und auch nicht sinnvoll. Wer sich unsicher ist, sollte aber unbedingt erst seinen Hausarzt anrufen, oder die Hotline der Senatsverwaltung kontaktieren, um sich beraten zu lassen (Telefon: 030 90 28 2828). Auch auf den Seiten des Robert-Koch-Instituts findet man Richtlinien um selbst zu prüfen, ob ein Test notwendig ist. Vor Ort setzt man sich dann mit Mund- Nasenschutz und der Wartenummer in den Wartebereich. Die Betroffenen sind durch eine Glaswand von den Mitarbeitern von Vivantes und den Ärzten der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) getrennt. Wenn sie aufgerufen werden, lesen sie selbst die Krankenkassenkarte auf der eigenen Seite der Glasscheibe ein. Anschließend folgt das Anamnese-Gespräch mit dem Arzt. Sofern eine Indikation zur Testung gestellt wird, nimmt eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter in Schutzkleidung in einem gesonderten Raum einen Rachen- und Nasenabstrich vor. Die Probe wird dann ins Labor geschickt.

Kommen die Menschen nach einem Abstrich ins Krankenhaus?
Das entscheidet die Ärztin oder der Arzt vor Ort. Wenn es ein Risikopatient ist, oder entschieden wird, dass eine stationäre Behandlung nötig ist, kommt der- oder diejenige ins Krankenhaus. Ansonsten geht man mit Mundschutz in die häusliche Quarantäne bis das Testergebnis vorliegt, über das man durch die KV informiert wird. Positiv getestete Personen werden als erstes benachrichtigt und haben bei der Abarbeitung der Benachrichtigung Vorrang.

Stecken sich die Menschen nicht gegenseitig an, die in die Abklärungsstelle kommen?
Der Warteraum darf nur mit Mund-Nasen-Schutz betreten werden, darauf achten wir vor Ort. Wie bei Grippe und anderen Atemwegserkrankungen sollte man ein bis zwei Meter Abstand zu den Erkrankten halten. Auch „richtiges“ Husten und Niesen ist wichtig. Und eine gute Händehygiene. Ein Restrisiko für eine Ansteckung kann aber nicht ausgeschlossen werden.

Wie viele Mitarbeitende sind in den Abklärungsstellen im Einsatz?
An den Standorten ist mindestens ein Arzt oder eine Ärztin im Einsatz, nach Möglichkeit mehrere. Darüber hinaus ist mindestens eine Pflegefachkraft oder Medizinische Fachangestellte von Vivantes vor Ort, die die Abstriche für den Test durchführt. Weitere Mitarbeiter von Vivantes übernehmen die Koordination und Organisation und die Einweisung der Patienten. Zu den Kernzeiten sind das bis zu fünf weitere Mitarbeiter, die gebraucht werden. Diese kommen aus der Verwaltung und den Klinikstandorten.

Herausforderungen in den Corona-Abklärungsstellen

Wie schaffen Sie die zusätzliche Arbeit?

Es ist eben eine Ausnahmesituation, und wir versuchen mit persönlichem Einsatz darauf zu reagieren und es trotzdem zu schaffen. Das heißt auch, dass in unserer weiterhin anfallenden „normalen täglichen Arbeit“ priorisiert werden muss.

Wie war denn der Zulauf in der ersten Zeit?
Es kommen sehr viele Menschen in die Abklärungsstellen. In den ersten Tagen waren es in allen Abklärungsstellen täglich weit über hundert Personen. Bei ungefähr der Hälfte der Betroffenen gab es eine Indikation zur Testung. Leider mussten wir jeden Tag auch Patienten wieder nach Hause schicken, weil das Aufkommen auch mit Verlängerung der Öffnungszeiten nicht zu leisten war.

Wer kam in den ersten Tagen zu Ihnen?
Es kamen Menschen jeden Alters, darunter viele Junge und Familien mit Säuglingen und Kleinkindern. Viele Patienten kehrten aus Risikogebieten zurück, oder hatten Kontakt zu potentiell infizierten Personen. Auch Pflegekräfte, die sich sicherheitshalber testen lassen wollten, um für die Patienten in den Kliniken kein Risiko darzustellen, waren darunter. Nicht alle mit Symptomen. Auch die Gesundheitsämter und die KV schickten gezielt Patienten. Viele brauchten Bescheinigungen, um weiter zur Arbeit gehen zu dürfen. Solche Bescheinigungen können wir aber nicht ausstellen. Wir haben Patienten angesehen und ggf. ein Attest ausgestellt, das eine Testung derzeit nicht indiziert ist.
Jetzt empfehlen wir, dass Menschen mit nur leichten Beschwerden zu Hause bleiben, sich in freiwillige Quarantäne begeben und bei Verschlimmerung der Symptome den Hausarzt bzw. bei Atemnot den Rettungsdienst kontaktieren. Ein Coronavirus-Test ist in erster Linie sinnvoll für Menschen, die in öffentlichen Bereichen wie Altenheimen, Arztpraxen, Polizei, Feuerwehr etc. arbeiten und die für uns alle wichtige Infrastruktur absichern.

Warum sind die Wartezeiten teilweise lang?
Derzeit ist die Beratung durch die Ärzte das Nadelöhr, denn die Beratung braucht Zeit. Die Menschen müssen daher mitunter lange Wartezeiten in Kauf nehmen. Die allermeisten haben dafür Verständnis und sind froh eine Anlaufstelle zu haben. Wir versuchen im Bereich Organisation eine Kontinuität hereinzubringen, damit sich die Abläufe einspielen.

Mit welchen Problemen haben Sie zu tun?
Die meisten Probleme sind technischer Natur, die Softwaresysteme sind in den ersten zwei Tagen mehrmals kurz ausgefallen. Diese Probleme sind nun aber behoben. Es wurden anfangs wegen der Kurzfristigkeit wechselnde Ärzte und Ärztinnen eingesetzt und immer wieder neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die administrativen Aufgaben. Das heißt, das Team vor Ort musste sich immer wieder neu finden und teilweise in die Software einarbeiten und eingewiesen werden.

Gibt es noch genug Schutzkleidung und Abstrich-Bestecke?
Im Augenblick ja. Aber es ist gerade bundesweit schwierig, Material zu bestellen, weil es überall knapp ist. Wir gehen deshalb sehr ressourcenschonend mit dem Material um.

Fotos

Header: Tumisu auf Pixabay

Mehr zu den Vivantes Abklärungsstellen

Vivantes hat drei Abklärungsstellen für das Coronavirus eröffnet:

  • in einem separaten Gebäude des ehemaligen Vivantes Klinikstandortes Prenzlauer Berg in der Diesterwegstraße (seit 09.03.2020)
  • in einem separaten Gebäude am Vivantes Wenckebach-Klinikum in Tempelhof an der Albrechtstraße (seit 09.03.2020)
  • in einem separaten Gebäude gegenüber vom Vivantes Klinikum Spandau an der Neuendorfer Straße 69 (seit 17.03.2020)

Ausschilderungen führen zu den Abklärungsstellen.

Öffnungszeiten

Montag – Freitag von 10:00 – 19:00 Uhr
Samstag – Sonntag von 10:00 – 17:00 Uhr

Vor dem Besuch einer Abklärungsstelle von Vivantes werden Bürger*innen gebeten, bei der Hotline des Senats anrufen und sich beraten zu lassen.

 
Hotline des Senats
030 90 28 28 28