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Pflege-Ausbildung in Corona-Zeiten: Buchstäblich „Hands-on“

Am Berliner Bildungscampus für Gesundheitsberufe (BBG) wird der Nachwuchs für die Gesundheitsberufe ausgebildet, die derzeit so dringend gebraucht werden. Erst im Januar 2020 hatte der BBG seine Türen für Auszubildende geöffnet, schon gibt es durch die Corona-Pandemie eine erste große Bewährungsprobe.

Während vielerorts Schulen noch geschlossen sind, berichtet die Leiterin der Einrichtung Christine Vogler, wie hier Unterricht im Ausnahmezustand läuft.

Konnte in den letzten Wochen der Ausgangsbeschränkung Unterricht am BBG stattfinden?

Christine Vogler: Ja, aber es gab keinen klassischen Unterricht. Wie die allgemeinbildenden Schulen auch haben wir versucht, den Stoff nach Hause zu vermitteln. Die Lehrerinnen und Lehrer des BBG gingen toll mit der Situation um, sie sind individuell auf die Schülerinenn und Schüler eingegangen, haben sie bei Bedarf angerufen, Videokonferenzen geschaltet, die Inhalte auf Internetplattformen gestellt und gemeinsam mit ihnen erarbeitet, Arbeitsaufträge mit nach Hause gegeben.

Fachkräfte werden auch kurzfristig für den Fall eines schnellen Anstiegs der Infektionen gebraucht. Kann das BBG hier unterstützen?

Vogler: Wir haben im April fünf jeweils zweitägige Programme für ungelernte Pflegehelferinnen und -helfer, für Einsteigerinnen und Einsteiger und Berufsrückkehrerinenn und -rückkehrer durchgeführt, um sie auf die Betreuung von Corona-Patientinnen und Patienten vorzubereiten und weiterzubilden. Außerdem gibt es die Präsentationen und Filme auch im Netz, damit sie einem breiteren Kreis zugänglich sind.

Wie waren die Rückmeldungen zur Weiterbildung? Gibt es gegenüber der Arbeit mit Covid-19-Patientinnen und Patienten auch Unsicherheiten?

Vogler: Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die jungen Menschen alle sehr hilfsbereit und engagiert sind! Am liebsten wäre ihnen, sofort in die Praxis zu gehen. Aber natürlich müssen erst die theoretischen Grundlagen geschaffen werden. Gefragt wurde allerdings durchaus danach, wie man sich gegen eine Infektion schützt und was für die eigene Sicherheit zu beachten ist.

Seit 4. Mai hat die Schule wieder geöffnet. Wie haben Sie sich darauf vorbereitet?

Vogler: Es war kein leichter Prozess! Gesundheitsberufe leben von menschlicher Nähe. Wie können wir einen Unterricht gestalten, bei dem es neben der Theorie vor allem um praktische Übungen und direkten Kontakt geht? Die Skilltrainings sind ein wichtiger Teil des Ausbildungs-Curriculums. Und eine Massage in der Physiotherapie beispielsweise ist nicht ohne Hautkontakt möglich. Oder auch eine Patientin oder einen Patienten vom Bett in den Rollstuhl zu heben muss man erst üben.

Wie haben Sie diese Frage gelöst?

Vogler: Wir arbeiten zum Beispiel in Kleingruppen, in denen jede und jeder Lernende einen festen Partner oder eine Partnerin bekommt, mit dem  immer alle Übungen gemacht werden. Jedes Paar sitzt an einem gleichbleibenden Platz mit einer Liege, an der mit Mund-Nasenschutz geübt wird. Wenn die Hygieneregeln es nicht zulassen oder die Lerngruppe eine Übung nicht durchführen möchte, zeigt die Lehrerin oder der Lehrer sie an einer Puppe. Darüber hinaus finden die Pausenzeiten für die Kleingruppen versetzt statt, auch die Unterrichtseinheiten, damit nicht zu viele Schülerinnen und Schüler gleichzeitig da sind. Aber natürlich gibt es wie überall im Leben ein Restrisiko, wir müssen Kompromisse finden und uns rücksichtsvoll und mit Vertrauen begegnen.

Auch einen Logopädie-Kurs mit Zungenübungen kann man wahrscheinlich schwer mit Mundschutz geben, oder?

Vogler: Das stimmt. Wir arbeiten mit Lösungen, die sich auch in anderen Bereichen bewährt haben: In der Logopädie sind das Plexiglasscheiben, hinter denen Schülerinnen und Schüler und Kursleitung sich gegenüber sitzen oder große Räume wo ein entsprechender Abstand gewährt werden kann.

Haben Sie den Eindruck, dass Corona das Miteinander verändert hat?

Vogler: Unbedingt, ja. So, wie die Ausbreitung des Virus Auswirkungen auf die Gesellschaft als Ganze hat, sehen wir das auch in der Schule. Haltungen zu Maßnahmen und Umgang damit unterscheiden sich teilweise stark, wir diskutieren viel und suchen nach gemeinsamen Lösungen. Bei den Kursen, die wir auf Distanz durchgeführt haben zeigte sich, wie schwer es ist, ohne den direkten Austausch in der Gruppe alle im Blick zu behalten. Wurden die Inhalte verstanden? Was brauchen die Schülerinnen und Schüler? Nicht alle Fragen werden auch immer artikuliert. Es kann weder die Gruppendynamik aus dem Klassenraum geben, noch die so wichtige Sozialkompetenz geübt werden. Das kann der digitale Unterricht nur begrenzt leisten.


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