In der Rettungsstelle: Wer ist hier richtig?
Frau Dr. von Arnim, wann ist man als Patientin oder Patient richtig in der Rettungsstelle?
Ulrike von Arnim: „Das ist für eine Patientin oder einen Patienten gar nicht leicht zu entscheiden. Grundsätzlich gilt: Wenn Angehörige, ein Patient oder eine Patientin selbst das Gefühl haben, dass sie einer dringenden Hilfe bedürfen – also unverzüglich medizinische oder pflegerische Betreuung geleistet werden muss. Die Betonung liegt hier auf dringend und unverzüglich. Wenn es nur darum geht, einmal „etwas abklären zu lassen“, dann sind niedergelassene Kolleginnen und Kollegen zuständig. Für die ambulante Notfallversorgung gibt es ein gutes Netz. Die Kassenärztliche Vereinigung hält viele Angebote bereit, die außerhalb der Sprechzeiten geöffnet haben: ärztliche Bereitschaftspraxen oder sogar einen Hausbesuchsdienst.“
Wer zu Fuß in die Rettungsstelle kommt, gehört dort nicht hin. Stimmt das?
Ulrike von Arnim: „Das kann man so nicht sagen. Etwa jeden oder jede Sechste, der oder die noch gehen kann, nehmen wir stationär auf.“
Wenn Angehörige, ein Patient oder eine Patientin selbst das Gefühl haben, dass sie einer dringenden Hilfe bedürfen – also unverzüglich medizinische oder pflegerische Betreuung geleistet werden muss, sind sie in der Rettungsstelle richtig.
Warum ist es wichtig, nur in Notfallsituationen in die Rettungsstelle zu kommen?
Ulrike von Arnim: "Wir haben unterschiedliche Zuständigkeitsbereiche in unserer Versorgungsstruktur für Notfälle: den Rettungsdienst, die Krankenhäuser und die Hausärzt*innen, welche die ärztlichen Bereitschaftspraxen besetzen. Personell sind wir in der Rettungsstelle für die sofortige Versorgung von Menschen aufgestellt – nicht etwa für eine Beratung zu Krankheitsbildern. Bei uns erhält man zum Beispiel auch kein Rezept und keine Krankschreibung."
Im Januar 2023 übernahm Dr. Ulrike von Arnim als Chefärztin die Leitung der Rettungsstelle im Vivantes Klinikum Neukölln. Dr. Ulrike von Arnim ist Fachärztin für Innere Medizin und Kardiologie mit der Zusatzbezeichnung Klinische Akut- und Notfallmedizin.
In lebensbedrohlichen Notfällen sollte man sofort den Rettungsdienst unter der Telefonnummer 112 alarmieren.
Notfallmedizin - wo jede Minute zählt
Verdacht auf Schlaganfall, tiefe Schnittwunden oder andere lebensbedrohliche Notfälle – akut erkrankte oder etwa verunfallte Menschen werden in Rettungsstellen versorgt. Notfall- und Akutmediziner*innen von Vivantes stehen dafür bereit.
Der Ansturm auf Rettungsstellen kann hoch und die Wartezeiten können lang sein. Immer wieder hört man von erhöhtem Patient*innenaufkommen, überlasteten Notaufnahmen. Ist viel los, steigt die Anspannung. Dazu kommt: Wer Schmerzen hat, ist nicht geduldig. Den Pflegenden begegnen zum Teil Aggressionen, manchmal wird geschimpft, gepöbelt und bedroht. Dabei behandeln Vivantes Mitarbeitende alle Patient*innen bestmöglich und möglichst schnell.
Damit dies gelingt, stufen speziell ausgebildete Fachkräfte nach Ankunft eines Patienten oder einer Patientin in der Rettungsstelle die Dringlichkeit der Behandlung nach dem Manchester-Triage-System ein (siehe Infokasten). Das heißt: In der Notaufnahme geht es nicht nach der Reihenfolge, in der die Menschen eintreffen – es geht um ihren Gesundheitszustand. Und: Lebensbedrohliche Notfälle haben immer Priorität.
Wartezeiten im Blick
Was in einer Rettungsstelle los ist, und wie sich die durchschnittliche Wartezeit gestaltet, zeigt etwa im Vivantes Klinikum im Friedrichshain ein Monitor an – bald sollen diese in allen Vivantes Rettungsstellen zur Verfügung stehen. Bei der Zeitangabe auf dem Monitor handelt es sich jedoch nur um einen Richtwert, der aufgrund unvorhersehbarer Ereignisse stark abweichen kann. Und werden Ärzt*innen anderer Fachrichtungen etwa aus der Neurochirurgie oder dem Bereich HNO hinzugezogen, kann sich die Wartezeit zusätzlich verlängern. Denn sie arbeiten zeitgleich auf den Stationen oder auch im OP.
Wer also nur leichte Beschwerden hat, wendet sich besser an den Hausarzt, die Hausärztin oder etwa an ärztliche Bereitschaftsdienste. Dort erhält man auch eine Krankschreibung oder ein Rezept. Rettungsstellen sind auf die medizinische Versorgung von Notfällen ausgerichtet, in denen eine umgehende Behandlung erforderlich ist.
Wer ist wie schwer erkrankt oder verletzt? Für eine Ersteinschätzung wird das standardisierte und international anerkannte Verfahren „Manchester-Triage-System“ genutzt. Es hilft, schnell und sicher anhand von Symptomen festzulegen, wer Vorrang bei der Behandlung hat.
Diese Farben funktionieren als Leitsystem:
ROT Akut lebensbedrohliche Notfälle (Rettungswagen, Schockraum, Notarzt) – sie halten sich nicht im Wartezimmer auf.
ORANGE Sehr dringende Notfälle
GELB Dringende Notfälle
GRÜN Stabile, behandlungsbedürftige Fälle
BLAU Alle weiteren Fälle
Mehr Transparenz bei Wartezeiten: Dieses Projekt wird als Teil des Krankenhauszukunftsgesetzes von der Berliner Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit, Pflege und Gleichstellung sowie von NextGenerationEU gefördert.