Genesen, aber nicht gesund: Welche Corona-Spätfolgen gibt es?
Wenn von Corona etwas zurückbleibt
Mehr als 30 Millionen Menschen haben sich in Deutschland bisher mit COVID-19 infiziert, und die Zahlen steigen weiter. Nach überstandener Infektion oft mit einer Lungenentzündung leiden zwischen 1 und 41 Prozent, so grobe Schätzungen, an Spätfolgen: an Long-COVID- oder auch Post-COVID-Symptomen.
Erst Lungenentzündung, dann Erschöpfung und Schmerzen
Lungenentzündung, Fieber und andere Corona-Beschwerden sind weg, andere Beschwerden bleiben oder kommen hinzu. Professor Dr. Sven Gläser, Chefarzt in der Klinik für Innere Medizin, Pneumologie und Infektiologie im Vivantes Klinikum Neukölln und am Vivantes Klinikum Spandau, beschreibt, woran die Betroffenen leiden: „Nach der Infektion kommt es bei Einzelnen zu längerfristigen Beschwerden. Diese reichen von körperlichen Problemen wie Magen- und Darmbeschwerden, Husten, Halsschmerzen etc. bis zu Symptomen wie Müdigkeit, Leistungseinschränkung und Abgeschlagenheit. In einzelnen Fällen kann ein ausgeprägtes Fatigue-Syndrom, ein Gefühl von anhaltender Müdigkeit, Erschöpfung und Antriebslosigkeit, auftreten. In sehr einzelnen Fällen kann dies bis zu einer nahezu vollständigen Immobilisierung führen.“
Mit "vernebeltem" Gehirn durch den Alltag
Manche Patient*innen beschreiben ihren Zustand als „Brain Fog“. Das Gehirn sei wie vernebelt. Das habe Konzentrationsprobleme, Vergesslichkeit, Wortfindungsstörungen und allgemeine Erschöpfung zur Folge. Die Leistungsfähigkeit ist extrem eingeschränkt, Alltag und Job sind nicht zu schaffen.
Was kann helfen? „Bisher gibt es keine evidenzbasierten, etablierten medikamentösen Therapien für die Erkrankung. Maßnahmen wie Rehabilitation, in einzelnen Fällen auch psychologische Unterstützungsmaßnahmen, müssen aber selbstverständlich ergriffen werden“, so Professor Sven Gläser.
Studie: So häufig ist Long COVID
Eine aktuelle Studie der Techniker Krankenkasse (TK)von 2022 zeigt: Von den TK-versicherten Erwerbstätigen, die im Jahr 2020 eine COVID-19-Diagnose mit Virusnachweis (PCR-Test) erhalten haben, waren im Jahr 2021 knapp ein Prozent mit der Diagnose Long COVID krankgeschrieben.
Die durchschnittliche Krankschreibung beträgt demnach 14,6 Tage. Insgesamt bildet hier Long COVID zwar einen relativ geringen Anteil am Gesamtkrankenstand, doch die Betroffenen sind vergleichsweise lange krankgeschrieben, im Schnitt 105 Tage.
Die Forschung unterscheidet
- Long COVID Wenn bis zu zwölf Wochen nach der Coronainfektion noch Symptome bestehen.
- Post COVID Wenn nach drei Monaten Betroffene weiterhin so starke Beschwerden haben, dass sie ihren gewohnten, ursprünglichen Alltag nicht bewältigen können.
Die Symptome* treten häufiger in Kombination als einzeln auf:
- Kopfschmerzen 44%
- starke Erschöpfung 58%
- Konzentrationsstörungen 27%
- Haarverlust 25%
- Atemnot 24%
- Geruchsverlust 21%
- Geschmacksverlust 23%
*Zahlen aus einer Zusammenfassung eines internationalen Forschungsteams von 16 internationalen Studien, 2021
Prof. Dr. Sven Gläser ist Chefarzt der Klinik für Innere Medizin – Pneumologie und Infektiologie im Klinikum in Berlin-Neukölln sowie Pandemiebeauftragter bei Vivantes. Auf der Webseite der Klinik erfahren Sie zum Beispiel, dass dort sowohl
- Erkrankungen der Atemwege,
- Erkrankungen der Lunge,
- Erkrankungen des Rippenfells als auch
- infektiologische Erkrankungen behandelt werden.
Teströhrchenfoto: Lars Meese, Grafik: nerthuz / fotolia.com – 67395523, Porträtfoto: Reiner Freese