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Aromapflege – so helfen Düfte kranken Menschen

Teebaum, Lavendel oder Zitrone - Aromen helfen, heilen und therapieren. Eine erfahrene Pflegerin erklärt, wie Düfte bei Erkrankungen eingesetzt werden können.

Der Lavendel wird für Bäder und Waschungen in der Pflege verwendet. Aus den Kräutern hingegen, werden Säfte für die Patient*innen hergestellt. Die stellvertretende Pflegedienstleitung Dagmar Nitzsche berichtet über die erstaunlichen Erfahrungen mit ätherischen Ölen in der Pflege bei schwerstkranken Menschen.  

Ätherische Öle werden in der Pflege von den Mitarbeitenden im Vivantes Hospiz als begleitende Pflegemaßnahmen gern und häufig gesetzt – warum?  

Dagmar Nitsche: Wir haben mit der Aromapflege ganz klein angefangen. Jetzt lindern wir Schmerzen, Ängste und andere Symptome bei unseren Patientinnen und Patienten. Durch Schulungen, die ich regelmäßig gebe, habe ich mein Wissen an unsere Mitarbeitenden weitergegeben.
Die Aromapflege ermöglicht eine besondere Art der Zuwendung. Es sind sozusagen „Streicheleinheiten“ für Körper, Geist und Seele für unsere Patientinnen und Patienten. Wir machen das begleitend zur Schulmedizin und der herkömmlichen Pflege, es bedeutet individuelle Begegnungen durch Zuwendung, Berührungen, Wärme und Kommunikation.


Was bewirkt die Aromapflege? Wie kann Aromapflege bei Patientinnen und Patienten angewendet werden? Zum Beispiel ein „Schnupperdöschen“ mit Zitronenöl bei Übelkeit, Lavendelöl im Duftdiffusor gegen Unruhe oder Angstzustände oder ein Heilkräutertee bei Schlafstörungen?

Ja, genau. Ätherische Öle können in die tägliche Pflege eingebunden werden. Jeden Morgen bei der Grundpflege können ätherischen Öle angewandt werden. Wir schauen uns zuerst an, wie es der Patientin oder dem Patienten heute geht – ist sie oder er angespannt oder eher müde? Dann wird das passende Öl ausgewählt und mit einem Emulgator wie Milch oder Honig vermischt. Gegen Anspannung kann Lavendel helfen oder auch Rose. Bei Müdigkeit ist etwa Zitrone eine gute Möglichkeit, den Körper anzuregen. Das hat mitunter tolle Effekte. Es gibt fast immer weitere Öle, die bei Symptomen wie Unruhe oder Übelkeit wirken – die Auswahl der Öle stimmen wir individuell auf die Patientin oder den Patienten ab.

Aromapflege ist auch Berührung – und Berührung ist wichtig

Können Aromen in der Pflege Medikamente teilweise ersetzen?

Wir wenden ätherischen Öle komplementär, also ergänzend, an. Bevor wir im Vivantes Hospiz zu Medikamenten greifen, lohnt es sich, Aromapflege auszuprobieren, und zwar bei jeder und jedem. Wir haben zwar keine wissenschaftliche Untersuchung dazu erstellt, aber das ist unsere bisherige Erfahrung. Auch viele Patient*innen fragen inzwischen nach Aromapflege anstatt sich eine Tablette oder Spritze geben zu lassen. Das spricht doch auch ganz klar dafür. Aromapflege ist auch meist Berührung – und Berührung ist für den Menschen wichtig.

Können Sie auch Angehörige im Hospiz in die Aromapflege einbeziehen?

Ja, das ist für An- und Zugehörige auch ganz toll, denn sie wollen etwas „tun“, unterstützen, und engen Kontakt haben. Und dann geben wir ihnen zum Beispiel ein Öl in die Hand und schlagen ihnen vor, die Hand oder den Arm des geliebten Menschen einzureiben oder auch die Schläfen zu massieren. Das schafft Nähe und Wohlbefinden. Auch die An- und Zugehörigen nehmen so das Öl auf und werden ruhiger, weil sie etwas tun konnten, weil es Berührungen gab und weil die ätherischen Öle wirken.

Ist Aromapflege für Frauen und Männer gleichermaßen geeignet?

Am Anfang dachte ich, dass Aromapflege bei Frauen besser wirken würde als bei Männern, weil diese empfänglicher seien. Aber dieses Vorurteil stellte sich als völlig falsch heraus. Wir haben die Erfahrung gemacht – unabhängig vom Geschlecht: Nicht jedes Öl wirkt bei jedem Menschen gleich. Hier probieren wir auch aus, was für wen gut ist. 

Welches ätherische Öl hat in der Aromapflege eine besondere Wirkung bei Krankheiten?

Etwa Cajeputöl. Das ist ein ätherisches Öl, das aus Blättern und Ästen des Cajeputbaumes gewonnen wird, der ein Myrthengewächs aus Südostasien. Man kann es inhalieren (über einen Inhalator, Thermo- Duftstein oder einer Trocken-Kompresse) und es hilft z.B. sehr gut bei Halsschmerzen. Auch bei COPD-Patient*innen wenden wir das Öl an. Wir füllen das ätherische Öl in den Thermo-Duftstein, lassen diesen für etwa eine halbe Stunde an, so dass sich das ätherischen Öl im Raum ausbreiten kann. Ich glaube, jeder zweite unserer Mitarbeitenden hat das Öl auch selbst zu Hause. Übrigens ist Cajeput auch Bestandteil des bekannten Tigerbalsams.

Es gibt viele Produkte für Aromapflege. Was stellen Sie selbst her?

Ich stelle zum Beispiel die Öle selbst her. Es kann sein, dass es sinnvoll ist, drei bis vier verschiedene Öle in einem Öl zusammenzumischen, im richtigen Mischverhältnis. Wie zum Beispiel das Öl Dekubitus Kategorie 1. Es besteht aus den Ölen Lavendel fein, Ravensara und Teebaum. Wir wenden es, wie der Name schon sagt, bei einem Dekubitus der Kategorie 1 an. Dekubitalulcera sind wundgelegene Hautstellen, die Menschen dann bekommen können, wenn sie lange im Bett liegen.

Auch unsere Lippenpflege machen wir selbst und kaufen nichts mehr. Eine wichtige Zutat dabei ist Sanddornfruchtfleischöl, denn es heilt Entzündungen. Manche Krebspatient*innen haben gerade nach einer Strahlentherapie etwa offene Stellen im Mund und dagegen hilft nach unserer Erfahrung eben dieses Sanddornfruchtfleischöl besonders gut, manchmal tupfen wir es dann sogar pur.

Projekt braucht Spenden - über betterplace

Braucht das Hospiz Spenden für die Aromapflege?

Allerdings! Die Aromapflege wird zu 100 Prozent über Spenden finanziert. Zusätzliche Angebote wie die Yogatherapie, die Lamatherapie und auch die Aromapflege werden nicht von den Krankenkassen bezahlt. Damit die Angebote, die den Menschen hier sehr guttun, weiterbestehen können, ist das Vivantes Hospiz auf Gelder angewiesen. Die Kranken- und Pflegekassen übernehmen die Kosten für die Pflege und Betreuung unserer Patientinnen und Patienten in Höhe von 95 Prozent - das heißt, 5 Prozent müssen ohnehin über Spenden finanziert werden. Für die Umsetzung der Aromapflege benötigen wir hochwertige Produkte: 100% naturreine ätherische Öle, Basisöle, Herstellungs- und Verpackungsmaterialien. Über Betterplace kann jede und jeder spenden: Patenschaften | Vivantes Hospiz

Aromatherapie: Tipps für zu Hause

Was ist Ihr Tipp für Menschen, die Aromapflege  selbst mal ausprobieren wollen?

Fangen Sie ganz klein (also mit wenig Ölen und guten Büchern über Aromapflege oder -therapie) an. Mischen Sie auf keinen Fall einfach Öle zusammen, die für Sie nur gut riechen. Jedes Öl hat seine Moleküle, die für bestimmte Bereiche zuständig sind und dort auch wirken. Mein Rat: lesen, lesen, lesen und dann mit Rezepturen aus den Fachbüchern die ersten Schritte wagen.