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Herzinfarkt bei Frauen: Warnzeichen und Symptome

Einen Herzinfarkt erleiden Männer wesentlich häufiger als Frauen. Dennoch sterben mehr Frauen daran. Dr. Anna Brand, Chefärztin der Vivantes Kardiologien an den Standorten Klinikum Spandau und Humboldt-Klinikum, erklärt im Interview Geschlechterunterschiede in der Herzmedizin und bei welchen Beschwerden Frauen sofort den Notruf wählen sollten.

Dr. Brand, Todesursache Nummer 1 bei Frauen sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Warum ist das so?

Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind leider seit vielen Jahren Todesursache Nummer 1 bei Frauen und Männern; daran hat sich auch in den letzten Jahren trotz wesentlicher Fortschritte in der Wissenschaft und der Patientenversorgung nichts geändert. Frauen erkranken allerdings aufgrund der hormonellen Schutzwirkung circa zehn Jahre später als Männer an den Folgen einer koronaren Herzkrankheit, da diese Schutzwirkung der weiblichen Hormone mit der Menopause abnimmt.

Bei welchen Symptomen sollten dann die Alarmglocken läuten und die 112 gewählt werden?

Sowohl bei Männern als auch bei Frauen stehen Brustschmerzen bei einem Herzinfarkt als häufigstes Symptom im Vordergrund. Frauen weisen jedoch häufiger als Männer zusätzliche Symptome wie Bauchschmerzen, Erbrechen, Unwohlsein, Schwindel und Rückenbeschwerden auf. Bei Frauen vergeht leider deutlich mehr Zeit, bis sie sich medizinische Hilfe holen, da das Bewusstsein für eine mögliche Herzerkrankung bei Frauen viel geringer ausgeprägt ist. Auch wir Ärztinnen und Ärzte müssen uns verbessern, denn auch wir verlieren gerade bei der Behandlung von jüngeren Frauen mehr Zeit, bis wir medikamentös und interventionell tätig werden.

Körperliche Beschwerden wie Druck auf der Brust, Luftnot, Ziehen im Arm oder langanhaltende Rücken- oder Bauchschmerzen sollten nicht ignoriert, sondern ärztlich abgeklärt werden.

Chefärztin der Vivantes Kardiologien an den Standorten Humboldt-Klinikum und Klinikum SpandauDr. Anna Brand

Was sind Risikofaktoren bei Frauen und unterscheiden die sich von denen bei Männern?

Auch bei Frauen spielen klassische Risikofaktoren wie zum Beispiel Rauchen, insbesondere bei jüngeren Frauen, Bluthochdruck und Diabetes eine zentrale Rolle. Frauen-spezifische Risikofaktoren sind häufig mit einer hormonellen Dysbalance verbunden, wie das polyzystische Ovarialsyndrom, eine sehr frühe oder späte Menarche (die erste Menstruationsblutung), frühe Menopause und Schwangerschafts-assoziierte Gesundheitsprobleme wie ein Schwangerschaftsdiabetes. Die Kombination aus Verhütung mittels Pille und Rauchen erhöht das Risiko für eine koronale Herzkrankheit oder einen Herzinfarkt erheblich.

Was können Frauen selbst tun für eine bessere Herzgesundheit?

Frauen können durch einen gesunden Lebensstil ihre Herzgesundheit wesentlich verbessern und das Risiko, an einer koronalen Herzkrankheit zu erkranken, maßgeblich senken. Eine zentrale Rolle spielen dabei ausreichende körperliche Bewegung, ausreichend Schlaf und Stressreduktion, wenig Alkohol und Rauchverzicht. Eine Schlüsselrolle spielt daneben eine gesunde Ernährung bestehend aus ungesättigten Fettsäuren, wie sie zum Beispiel in fettreicheren Fischsorten, Nüssen und Ölen zu finden sind, Gemüse und Obst sowie Vollkornprodukten (sogenannten mediterrane Diät). Körperliche Beschwerden wie Druck auf der Brust, Luftnot, Ziehen im Arm oder langanhaltende Rücken- oder Bauchschmerzen sollten nicht ignoriert, sondern ärztlich abgeklärt werden.

Sie haben bereits mehrere medizinische Comics miteintwickelt. Das neueste Comic klärt über Herzerkrankungen bei Frauen auf. Was kann ein Comic, was ein Aufklärungsblatt oder Video nicht kann?

Medizinische Comics können auch komplexe medizinische Sachverhalte einfach und verständlich vermitteln. Gerade das Zusammenwirken von Bildern und einfachem Text erhöht erwiesenermaßen das Verständnis für kompliziertere medizinische Zusammenhänge maßgeblich, verbessert das Vorstellungsvermögen, vermindert die Angst und erhöht die Patientenzufriedenheit. Im Gegensatz zu einem Video besitzt ein Comic den Vorteil, dass die Broschüre samt komplexerer Inhalte im eigenen Tempo gelesen und erfasst werden kann. Zudem kann das Comic in Patientenhand bleiben, beliebig oft gelesen werden und auch Angehörige umfassend über die Erkrankung und mögliche Therapiemöglichkeiten aufklären.

Was kann gute Aufklärung für eine bessere Herzgesundheit von Frauen leisten?

Die Ärztin und der Arzt sind natürlich Ansprechpartner*innen Nummer 1, falls bereits eine Erkrankung vorliegt. Aber auch Aufklärungsmedien aus zertifizierter Hand, wie Apps und offizielle Ratgeber, können helfen, Patientinnen zu einem gesünderen Lebensstil zu verhelfen und (weitere) Erkrankungen zu verhindern.

Generell muss eine gute Aufklärung die Patientinnen einbeziehen und ihre individuellen Wünsche und Besonderheiten berücksichtigen. Damit Patientinnen gut entscheiden können, müssen sie aber als erstes ein gutes Verständnis für ihre Erkrankung und/oder ihre Risikofaktoren entwickeln. Dabei helfen Bilder und eine verständliche Sprache, wie sie sich zum Beispiel in Comics finden.

 

An den Vivantes Kliniken Humboldt und Spandau werden Patient*innen über eine geplante Herzkatheteruntersuchung, Implantation einer Katheter-gestützten Herzklappe (TAVI), Verhaltensmaßnahmen nach Herzinfarkt und/oder Stentimplantation (Sekundärprävention) und Herzgesundheit bei Frauen mit Hilfe eines Comics aufgeklärt.  

Vivantes Kardiologien

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