Oberschenkelhalsbruch im Alter: Symptome und Therapie

Herr Prof. Thomas, mit welchen Symptomen macht sich ein Oberschenkelhalsbruch bemerkbar?
Meist klagen die Patienten sofort nach dem Sturz über heftige Schmerzen direkt an der Hüfte oder in der Leiste. Sie berichten, dass schon der Versuch, das Bein zu bewegen oder anzusetzen, unerträglich wehtut, und sie auf das Bein nicht mehr auftreten können. Beim Blick aufs betroffene Bein sieht man häufig, dass es im Vergleich zur gesunden Seite etwas verkürzt wirkt und häufig nach außen gedreht ist. Zudem treten nicht selten Schwellungen und Blutergüsse im Hüftbereich auf, weil Weichteile verletzt sind. In selteneren Fällen halten Bänder und Muskeln die Fraktur noch zusammen, ein Grund, warum einige Betroffene den Bruch zunächst für eine Prellung halten. Wenn die typischen Anzeichen vorliegen, ist eine schnelle Röntgendiagnostik zwingend, um die Fraktur zu bestätigen und sofort mit der weiteren Therapie zu beginnen.
Was sind typische Ursachen für einen Oberschenkelhalsbruch?
In den meisten Fällen führt ein Sturz – zum Beispiel aus dem Sitzen oder beim Stolpern – zu einem Bruch im Schenkelhalsbereich, weil die Knochendichte im Alter häufig abnimmt. Die Osteoporose ist dabei die zentrale Grunderkrankung. Da können selbst geringe Krafteinwirkungen genügen, um einen Bruch auszulösen. Bei jüngeren Menschen dagegen sind meist Unfälle mit höherer Energie, wie Verkehrsunfälle oder Stürze aus größerer Höhe, die auslösenden Ereignisse.
Gibt es besondere Risiken, vor allem bei älteren Menschen?
Ja, ältere Menschen sind durch mehrere Faktoren zusätzlich gefährdet. Öfter leiden sie unter Gleichgewichtsstörungen oder Seh- und Hörminderungen, was Stürze wahrscheinlicher macht. Auch Arzneimittel wie Schlafmittel oder blutdrucksenkende Medikamente können z. B. die Reaktionsfähigkeit beeinträchtigen und so das Sturzrisiko weiter erhöhen. Begleiterkrankungen wie Diabetes, Arthrose oder neurologische Erkrankungen verschlechtern darüber hinaus die allgemeine Stabilität und das Sturzrisiko.
Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es – muss immer operiert werden?
In der Praxis wird fast immer operiert, weil eine stabile Versorgung des Bruchs die besten Heilungschancen bietet. Dabei unterscheidet man zwischen Verfahren, bei denen der ursprüngliche Hüftkopf erhalten bleibt und mit Schrauben oder Platten fixiert wird, und solchen, bei denen eine Teil- oder Vollprothese eingesetzt wird. Eine rein konservative Behandlung ohne OP kommt eigentlich nur in Frage, wenn der Bruch nicht verschoben ist und der Patient aufgrund von Begleiterkrankungen nicht operiert werden kann.

Wie sieht es bei älteren Menschen mit Heilungschancen und Dauer der Genesung aus?
Die Regeneration ist bei älteren Patienten in der Regel langsamer. Und es bestehen häufiger Begleiterkrankungen, die den Heilungsverlauf verzögern können. Die Knochenheilung selbst dauert meist sechs bis zwölf Wochen. Doch die vollständige Wiederherstellung der Mobilität und Kraft benötigt zusätzliche Frührehabilitationsmaßnahmen über mehrere Wochen, wie sie z. B. geriatrische Abteilungen anbieten. Je früher nach der Operation mit physiotherapeutischem Muskelaufbau begonnen wird, desto besser sind die funktionellen Ergebnisse.
Kann es beim Oberschenkelhalsbruch zu Spätfolgen kommen? Welche wären das?
Selbst nach erfolgreicher Heilung können chronische Schmerzen und Bewegungseinschränkungen zurückbleiben. Manche Patienten entwickeln eine dauerhafte Gangunsicherheit oder benötigen Gehhilfen wie einen Rollator. Auch das Risiko für erneute Stürze bleibt erhöht, wenn die Muskulatur und das Gleichgewicht nicht ausreichend trainiert werden. Und viele Patienten haben dann auch Angst erneut zu stürzen und vermeiden es sich zu bewegen.
Warum kann ein Oberschenkelhalsbruch lebensgefährlich sein?
Nach dem Bruch sind viele Patienten anfälliger für Komplikationen wie Thrombosen, Lungenentzündungen und Harnwegsinfekte. Diese können sich zu einer Sepsis entwickeln oder eine Lungenembolie auslösen, was vor allem bei älteren und geschwächten Menschen lebensbedrohlich ist. Übrigens versterben rund zehn Prozent der Patienten innerhalb der ersten 30 Tage nach dem Bruch. Das zeigt, wie dramatisch Stürze sein können!
Welche Möglichkeiten gibt es, solchen Brüchen vorzubeugen?
Eine stabile Muskulatur und gute Balance sind zentral. Regelmäßiges Gleichgewichts- und Krafttraining reduziert Stürze deutlich. Wir sollten also lebenslang trainieren. Ebenso wichtig ist eine ausgewogene Ernährung mit ausreichender Kalziumaufnahme, z. B. über Milchprodukte. Im Alltag sollten Stolperfallen beseitigt und für gute Beleuchtung gesorgt werden. In Einzelfällen können auch Hüftprotektoren genutzt werden. Zusätzlich empfiehlt sich bei Osteoporose eine spezifische medikamentöse Therapie, um das Frakturrisiko weiter zu senken.
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