Akut- und Notfallpsychiatrie
Die psychiatrische Notfall-Station im Humboldt-Klinikum ist für die Versorgung aller psychiatrischen Notfälle des Bezirks Berlin-Reinickendorf da.
Station 1.1 - Notfall- und Kriseninterventionsbereich
Der Notfall- und Kriseninterventionsbereich (Station 1.1) im Humboldt-Krankenhaus dient dazu, schwere psychische Erkrankungen, die mit Eigen- oder Fremdgefährdung einhergehen, zu behandeln. Ziel ist, dass die spezifische weiterführende Therapie zeitnah möglich ist.
Häufig treten im Rahmen der psychiatrischen Notfall- und Krisenbehandlung schwierige Situationen auf. Um diese zu entspannen, Patienten*innen und Mitarbeitende zu schützen, und eine sichere Behandlungsumgebung zu schaffen, sind alle Mitarbeiter*innen speziell in Deeskalation geschult.
Station 1.2.- chronisch verlaufende psychische Erkrankungen mit akuter Krankheitsphase
Diesem speziellen Teil der Station 1 fällt die Behandlung eher chronisch verlaufender, aber mit schweren akuten Krankheitsschüben einhergehenden seelischen Erkrankungen zu.
Das Setting ist vor allem komplementärtherapeutisch ausgerichtet, das heißt, hier wird der Schwerpunkt auf
- Wiedereingliederung in den Alltag,
- (Wieder)erlangung sozialer Kompetenzen und
- die Regelung der Grundversorgung (Wohnsituation, Finanzielles) gelegt.
Häufig gestellte Fragen rund um die psychiatrische Notfallbehandlung
Was ist eine Psychose?
Der Begriff ‚Psychose‘ ist unspezifisch. Früher hat man damit besonders schwere psychiatrische Erkrankungsbilder, meistens Schizophrenien gemeint. Heute versucht man, den Begriff möglichst zu vermeiden und ihn durch die richtigen Diagnosen zu ersetzen: also z.B.
- Bipolare Störung mit psychotischen Merkmalen,
- Depression mit psychotischen Merkmalen,
- paranoide Schizophrenie,
- organisch affektive Störung mit psychotischen Merkmalen.
Hintergrund ist, dass das Gehirn begrenzte Möglichkeiten hat, sich auszudrücken, wenn es erkrankt ist. ‚Psychotische Symptome‘, wie Stimmen hören, sich verfolgt fühlen, Dinge sehen, die nicht da sind, glauben, andere könnten in die eigenen Gedanken eingreifen, bizarre Dinge tun, usw. sind somit Ausdrucksformen des Gehirns zu signalisieren ‚Ich bin gestresst, ich bin krank‘. Es ist dann die Aufgabe der Ärzte*innen für Psychiatrie sich das gesamte Symptomspektrum anzuschauen, um die psychotischen Symptome dem richtigen Krankheitsbild zuzuordnen.
Meistens treten psychotische Symptome nur vorübergehend auf und sind Ausdruck der Akuität des Krankheitsbildes – sie dürfen nicht dazu verleiten z.B. die Diagnose einer Schizophrenie zu stellen. Es bedarf immer einer längerfristigen und sorgfältigen Beobachtung und Diagnostik! Bitte denken Sie daran: Psychiatrische Krankheitsbilder kann man nicht aus einem kleinen Zeitfenster heraus diagnostizieren.
Einmal Psychiatrie, immer Psychiatrie?
Werde ich in der Psychiatrie weggesperrt?
Manche Situationen erfordern eine sogenannte geschlossene Unterbringung. Die Klinik hat zwei Stationen, die regelmäßig geschlossen sind (Akutbereich und ein Teil der Gerontopsychiatrie) und eine, die nach Bedarf geschlossen werden kann (ein Teil der Station 3 für gesetzlich untergebrachte Patienten*innen). Hintergrund ist, dass auf diesen Stationen eine bessere und engmaschigere Versorgung psychiatrisch schwer erkrankter Menschen möglich ist und damit das Risiko, sich oder andere zu gefährden, reduziert wird.
Ist dieses Risiko nicht mehr vorhanden, wird die geschlossene Unterbringung beendet.
Es gibt Situationen, wie z.B. bei an einer Demenz erkrankten Menschen, in denen die geschlossene Unterbringung auch länger erforderlich sein kann, da der erkrankte Mensch beispielsweise aufgrund von Desorientierung weglaufen und sich somit erheblichen Gefahren aussetzen würde. Ähnliche Situationen gibt es auch bei besonders schweren und komplex verlaufenden psychiatrischen Krankheitsbildern.
Wer entscheidet denn, ob und wie lange ich 'auf die Geschlossene' komme?
Diese Entscheidung dürfen nur Oberärzte*innen der Klinik zusammen mit dem sozialpsychiatrischen Dienst (SpD) und dem Amtsgericht treffen. Auch gesetzliche Betreuer*innen können eine sogenannte Unterbringung festlegen, über die Dauer muss aber zusammen mit eine*r Oberärzt*in der Klinik diskutiert werden.
Jede Entscheidung muss sich an den im Gesetz festgelegten Kriterien orientieren, da eine Unterbringung immer den Entzug von Freiheit bedeutet und die ist nun mal in einem Rechtsstaat das höchste Gut.
Bin ich dann mit Mördern auf einer Station?
Nein! Menschen mit psychischen Erkrankungen, die eine Straftat begehen, werden entweder in einem Gefängnis oder in einer sogenannten forensischen Psychiatrie untergebracht.
Die Medien suggerieren gerne nach Straftaten von psychisch Erkrankten: ‚Er/sie wurde in die Psychiatrie gebracht‘. Das ist so nicht richtig und wirft ein falsches Bild auf psychiatrische Stationen und die dort behandelten Krankheitsbilder.
Werde ich immer fixiert, wenn ich auf die 'Geschlossene' muss?
Nein! Eine Fixierung ist die letzte und sehr selten angewendete Maßnahme auf einer psychiatrischen Notfallstation, wenn es sich um schwere Eigen- oder Fremdgefährdung handelt, die man mit Gesprächen oder Medikation nicht unter Kontrolle bekommt.
Ein Beispiel wäre ein Mensch mit einer schweren Alkoholintoxikation, der randaliert, mit Gegenständen wirft, Personal angreift und dauernd stürzt, Medikamente und Zuspruch aber verweigert. Oder ein Mensch, der sich verfolgt und bedroht fühlt, das Personal in diese Überzeugung mit einbezieht, denkt, man wolle ihn vergiften und plötzlich ein Messer aus dem Rucksack zieht, um sich gegen die vermeintlichen Angreifer zur Wehr setzt.
Eine Fixierung bedarf, wenn sie länger als 30 Minuten dauert, immer einer richterlichen Genehmigung und muss sehr genau dokumentiert und begründet werden. Jede Fixierung muss mit dem/der Betroffenen nachbesprochen werden, um die Gründe, die zu ihr geführt haben, zu erläutern.
Im Department für seelische Gesundheit haben wir eine sehr niedrige Fixierungsquote.
Wenn ich keine Medikamente nehme, werde ich dann fixiert, oder bekomme sie zwangsweise verabreicht?
Nein! Im Akutbereich bieten wir zur schnelleren Gesundung immer Medikamente an. Eine Verweigerung wird akzeptiert, sofern aus ihr keine erhebliche Eigen- oder Fremdgefährdung resultiert.
Zwangsmedikation stellt genauso wie eine Fixierung eine absolute Ausnahme bei besonders schweren Krankheitsbildern dar. Auch hier halten wir uns an die gesetzlichen Vorgaben.
Auf den spezifischen Stationen hingegen gehört die Einnahme von Medikamenten zum Therapieprogramm dazu. Studien belegen, dass die Kombination aus auf das Krankheitsbild zugeschnittener Medikation und anderen Therapieformen die besten Behandlungsergebnisse erzielt. Diese Erkenntnis findet sich in unseren Konzepten wieder.
Wir gehen davon aus, dass jede*r der*die sich in stationäre Behandlung begibt, so krank ist, dass die ambulanten Möglichkeiten nicht mehr ausreichen. Deswegen gehen wir ebenfalls davon aus, dass unsere Behandlungskonzepte verbindlich akzeptiert werden. Ist das nicht der Fall, kann die Behandlung bei uns nicht erfolgen.
Kontakt
Angehörige können sich nach terminlicher Absprache bei der oder dem zuständigen Ärzt*in Beratung und Unterstützung einholen. Auch unser Sozialdienst steht für Hilfestellungen zur Verfügung.
Station 1.1 im Humboldt-Krankenhaus
Dienstzimmer Pflege: 030 - 130 12 2445
Oberärzt*in: 030 - 130 12 2450
Stationsärzt*in: 030 - 130 12 2270
Station 1.2 im Humboldt-Krankenhaus
Dienstzimmer Pflege: 030 - 130 12 2111