
Neurologische Frührehabilitation in Neukölln
Was beinhaltet die neurologische Frührehabilitation?
Patientinnen und Patienten mit schweren Schädigungen des Nervensystems, Schädel-Hirn-Verletzungen oder Schlaganfällen benötigen im Anschluss an die Akutbehandlung (beispielsweise auf einer Stroke Unit) eine Rehabilitationsbehandlung. Bei schwerkranken Patient*innen beginnen wir direkt nach oder noch während der Akutbehandlung (Phase A) mit der neurologisch-neurochirurgischen Frührehabilitation (Phase B). Ziel der neurologischen Frührehabilitation ist es, den Zustand der Patient*innen soweit zu verbessern und zu stabilisieren, dass sie in eine Rehabilitationsklinik (Phase C) verlegt werden können. Mit Hilfe eines individuellen Therapieprogramms werden sie mobilisiert und zur selbstständigen Nahrungsaufnahme und Körperpflege befähigt. Patient*innen mit kommunikativen Beeinträchtigungen sollen ihre Sprachfähigkeit wiedererlangen. Wichtigstes Ziel aller therapeutischen Maßnahmen ist es, die zu Behandelnden dabei zu unterstützen, ihre Selbstständigkeit im Alltag wiederzuerlangen und wieder am Leben außerhalb des Krankenhauses teilzunehmen. Dabei werden sie von unserem interdisziplinären Team engmaschig angeleitet und geführt.

Multiprofessionelles Team
In der neurologischen Frührehabilitation erarbeitet ein multiprofessionelles Team für jeden Patienten bzw. jede Patientin ein individuell an seine bzw. ihre Erkrankung angepasstes Behandlungskonzept.
Unser Team besteht aus:
- Ärzt*innen
- Pflegenden
- Physiotherapeut*innen
- Ergotherapeut*innen
- Logopäd*innen
- Neuropsycholog*innen
- Sozialdienst
Aktivierend-therapeutische Pflege
Patient*innen in der Phase B der der neurologischen Frührehabilitation haben oft schwere Funktionsausfälle. Dies erfordert individuelle Therapiekonzepte sowie aktivierendtherapeutische Interventionen. Sie sind sowohl betroffen von schweren Bewusstseins-, Verständigungs- und Schluckstörungen als auch von starken Einschränkungen in der Bewegung durch Lähmungen bzw. Paresen. Patient*innen mit Trachealkanülen und dem Ziel der Dekanülierung erhalten ein umfassendes Tracheostoma- und Sekretmanagement. Zur Dokumentation werden standardisierte Frührehabilitationsassessments benutzt. Dabei bildet der Elzacher Katalog die Grundlage des pflegerischen Handelns.
Die aktivierend-therapeutische Pflege erfolgt nach Konzepten wie:
- Basale Stimulation
- Kinästhetik
- Bobath-Konzept
Grundpfeiler der Arbeit ist das Zusammenwirken im therapeutischen Team, welches auch die anderen beteiligten Berufsgruppen umfasst. Besonders wichtig sind die regelmäßigen Besprechungen zu den einzelnen Patient*innen, um ihre bisherigen Behandlungsergebnisse zu erfassen und weitere Behandlungsschritte festzulegen.
Ziele sind die Wiedererlangung und der Ausbau von Handlungskompetenzen, welche es den Patient*innen ermöglichen, ihren Alltag wieder selbstbestimmt zu gestalten.
Neuropsychologie
Die Neuropsychologie beschäftigt sich mit den Funktionen des Gehirns, wie beispielsweise dem Denkvermögen, der Aufmerksamkeit, dem Gedächtnis, aber auch mit Persönlichkeits- und Verhaltensänderungen sowie emotionalen Störungen. Eine neuropsychologische Untersuchung ist in der Regel eine umfangreiche Untersuchung von kognitiven und emotionalaffektiven Funktionen sowie deren Auswirkungen auf das Verhalten. Sie umfasst die Erhebung von Eigen- und Fremdanamnese, Verhaltensbeobachtung und Testverfahren. Neuropsycholog*innen helfen dem bzw. der Patient*in im Umgang mit dem einschneidenden Erlebnis und der ersten Konfrontation mit den Symptomen. Kognitive Funktionen wie z. B. Aufmerksamkeit, Gedächtnis und komplexe Denkprozesse sowie Handlungsplanung werden untersucht und speziell gefördert. Der Patient bzw. die Patientin erhält Unterstützung, um seine bzw. ihre subjektiven Beschwerden und Beeinträchtigungen zu verarbeiten. Informationen zur Stimmungslage und zur aktuellen gesundheitlichen, familiären, sozialen und auch beruflichen Situation geben wertvolle Hinweise auf die individuellen Bedürfnisse des oder der zu Behandelnden. Nach Vereinbarung können auch Angehörige beratende Gespräche in Anspruch nehmen.
Ergotherapie
Die Ergotherapie unterstützt die Patient*innen dabei, wieder handlungsfähig zu werden und die für sie bedeutungsvollen Betätigungen wieder auszuführen. Unser Therapieauftrag ist die Erlangung einer größtmöglichen Teilhabe des Menschen in seinem spezifischen Lebensumfeld. Im Fokus steht eine umfangreiche ergotherapeutische Analyse der sensomotorischen und kognitiven Funktionen, der psychosozialen Fähigkeiten und der Betätigungskompetenzen.
Der Mensch steht im Vordergrund. Die ergotherapeutische Diagnostik und die klienten-zentrierten Therapieziele werden ermittelt u. a. durch:
- Gespräche mit Angehörigen und Betroffenen
- Aufnahme der bisherigen Lebenssituation
In der Therapie kommen verschiedene Behandlungskonzepte
und Angebote zur Anwendung, u. a.
- Handlungsorientierte Diagnostik und Therapie (HoDT)
- Basale Stimulation
- Behandlung nach dem Affolter-Konzept
- Lagerung in Neutralstellung (LiN)
- Konzepte zur Wiedererlangung sensomotorischer Funktionen (PNF, Bobath, Perfetti, Ataxie-Therapie etc.)
- Training der Aktivitäten des täglichen Lebens (z. B. Frühstücks- und Mittagssequenzen, Alltagshandlungen,T ransfers)
Weitere Therapieangebote:
- Hilfsmittelberatung, Erprobung und Versorgung mit Alltagsbezug
- Computergestütztes kognitives Training
- Kinesio-Taping
- Schallwellenbehandlung mit Novafon bei Paresen, Spastik, sensiblen Defiziten und Schmerz
Logopädie
Für Patient*innen mit Sprach-, Sprech-, Stimm-, Kommunikations- und Schluckstörungen erstellen unsere Sprachtherapeut*innen nach ausführlicher Befundung einen individuellen Therapieplan mit gemeinsam formulierten Therapiezielen. In der störungsspezifischen, symptomorientierten und/oder ressourcenorientierten Einzeltherapie werden mit wiederherstellenden, anpassenden und kompensierenden Maßnahmen sprachliche, sprech- bzw. schluckmotorische Fähigkeiten wiedererlangt.
Schwerpunkte:
Therapie von Patient*innen mit neurologisch bedingten Schluckstörungen (Dysphagie), Trachealkanüle, Sprachstörungen
(Aphasie), Sprechstörungen(Dysarthrie), Sprechapraxie, bukkofazialer-Dyspraxie, Stimmstörungen (Dysphonie), Gesichtslähmungen (orofaziale Paresen) und Bewegungsstörungen des Gesichts, Schreib- und Lesestörungen (Agraphie und Alexie)
Weitere Angebote:
- Fiberoptische endoskopische Evaluation des Schluckens (FEES)
- Computergestützte Sprachtherapien
- Hilfsmittelberatung und Beschaffung
- Unterstützte Kommunikation bei Sprechunfähigkeit mit Anpassung eines elektronischen Kommunikationsgerätes
- Training mit Kommunikationstafeln und Büchern
- ADL – Aktivitäten des täglichen Lebens (situatives Sprachtraining)
- In Zusammenarbeit mit Neuropsycholog*innen: Therapie kognitiver Dysphasien bzw. nicht-aphasischer Kommunikationsstörungen
Physiotherapie
Wir bringen Patient*innen wieder in aufgabenspezifische Bewegungen. Physiotherapie ist eine auf die bzw. den zu Behandelnde*n abgestimmte Haltungs- und Bewegungstherapie zur Erhaltung, Verbesserung und Wiedererlangung von Körperfunktionen. Voraussetzung hierfür ist das Analysieren und Interpretieren von sensomotorischen Funktions- und Entwicklungsstörungen sowie Schmerzzuständen. Ziel der Physiotherapie ist die Förderung oder Wiederherstellung von Bewegungsfähigkeit und Aktivität. Die Behandlungen werden von qualifizierten Physiotherapeut*innen durchgeführt, dabei findet ein breites Spektrum an spezifischen Konzepten Anwendung, u. a. nach den Prinzipien von Bobath, der Propriozeptiven neuromuskulären Fazilitation (PNF), des Repetitiven Trainings sowie der Manuellen Therapie. Unterstützend werden spezielle Therapiegeräte, wie das Laufband, der Stehtrainer und das Fahrradergometer einbezogen.
Schwerpunkte:
- Erarbeitung von funktionellen, alltäglichen Bewegungsabläufen, z. B. für die Toilettennutzung, das Umsetzen in den Rollstuhl etc.
- möglichen Folgeschäden durch Immobilität wie Schmerzen, Kontrakturen und dem Verlust von selektiven Bewegungen entgegenwirken
- Hilfsmittel- und Schienenversorgung
- Verbesserung der Mobilität und Stabilität im Rahmen der motorischen Möglichkeiten, z. B. Steh- und Gangschulung, Treppen
- Angehörigenberatung
Interdisziplinäre Therapieanwendungen
Alltagsorientiertes Training
In einer Frühstückssequenz trainieren Patient*innen mit Schluckstörungen und/oder Schwierigkeiten in der zielgerichteten Handlungsfähigkeit, mit Störungen in der motorischen Ausführung und anderen Einschränkungen die Nahrungszubereitung und Kostaufnahme. Dabei werden sie durch Logopäd*innen und Ergotherapeut*innen unterstützt. Ziele sind u. a. die Wiedererlangung und der Ausbau von alltagsrelevanten Handlungskompetenzen, der Aufbau einer physiologischen Schluckkompetenz unter therapeutischer Aufsicht sowie das Erreichen eines selbstständigen und sicheren Schluckvermögens, der Übertrag der erlernten Kompetenzen und die eigenständigen Anwendungen von kompensatorischen und adaptiven Verfahren in den Alltag.
Neurologische Musiktherapie
„Musizieren ist der stärkste Reiz für Neuroplastizität“. Die neurologische Musiktherapie ist definiert als der therapeutische Einsatz von Musik bei Patient*innen mit kognitiven, sensorischen und motorischen Dysfunktionen. Musik und Klänge können viele Bereiche unseres Gehirns ansprechen, dies aktiviert gestaltbildende Prozesse. Dadurch wird die physiologische Bereitschaft zur Neubildung von Nervenverbindungen stimuliert. Ebenso aktiviert die Musik soziale und bindungsbezogene Emotionen, wirkt so der Isolation entgegen, entängstigt und macht auch die eigene veränderte Körperlichkeit wieder in einem anderen Licht erlebbar. Ziel der neurologischen Musiktherapie ist es, die sensomotorischen, sprachlichen und kognitiven Funktionen zu verbessern.
Zusätzlich wird die Musiktherapie zur Unterstützung der Krankheitsbewältigung angewendet. Hier erhalten die Patientinnen und Patienten die Möglichkeit, sich mit der aktuellen Lebenssituation und den damit einhergehenden Gefühlen auseinanderzusetzen.
Therapiehund „Maali“ in der Neurologischen Frührehabilitation
Tiergestützte Interventionen, wie die Therapie mit unserer Hündin Maali, haben das Ziel, durch den gezielten Einsatz positive Auswirkungen im Verhalten und Erleben unserer Patienten zu beeinflussen. Es geht beispielsweise um die Verarbeitung von Erlebnissen, Lösung emotionaler Blockaden und Reduzierung sozialer Angst. Ergotherapeutin und Therapiehund arbeiten dabei zusammen als Team, die zusammen eine beim Berufsverband TBD e.V. anerkannte Ausbildung zum Therapiebegleithundeteam absolviert haben.
Ausgewählte Unterstützungsmöglichkeiten:
- Abbau von Ängsten/ psychischem Stress (beruhigend, RR senkend)
- Alltagsstrukturierung (tgl. Spaziergang, reinigen der Pfoten)
- Motivation bei Antriebsschwäche (Zerrspiele, Apportierspiele)
- Auge-Hand Koordination (Ballspiele, Legespiele)
- Bewegungstraining an oberen und unteren Extremitäten, Grob-, und Feinmotorik (Leckerli in verschiedene Behälter ablegen, mit verschiedenen Verschlüssen etc.)
- Körperwahrnehmung (Fell fühlen, streicheln, Hand auf Hund ablegen…)
- Sprachanregung (Kommandos werden verbalisiert, Handzeichen)
Ansprechpartner der neurologischen Frührehabilitation im Klinikum Neukölln
Oberarzt
Leiter Neurologische Frührehabilitation, zertifizierter FEES-AnwenderFolker Garbe
030 130 14 5249

Kontakt bei Gesprächsbedarf mit den Therapeut*innen unter Tel. 030 130 14 2247