Behandlungskonzept der Klinik
Die Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik versteht sich - ihrem sozialpsychiatrischen Selbstverständnis geschuldet - als wichtiger Knotenpunkt im Netzwerk der gemeindepsychiatrischen Versorgung des Bezirks Neukölln.
Selbstverständnis als "Offene Psychiatrie"
Die Klinik für Psychiatrie bietet ambulante, tagesklinische, stationsäquivalente und vollstationäre Behandlungsmöglichkeiten, wobei der sektorenübergreifenden Vernetzung der Angebote unter möglichst hoher Beziehungs- bzw. Behandlungskontinuität ein besonders hoher Stellenwert eingeräumt wird. Sie arbeitet eng vernetzt mit den bezirklichen Gremien, dem Sozialpsychiatrischen Dienst, den im Bezirk vertretenen Trägern der Eingliederungs- und Suchthilfe sowie den niedergelassenen Psychiater*innen und Psychotherapeut*innen.
Die Klinik versteht sich als „Offene Psychiatrie“: nach innen setzt sie das Konzept der offenen Türen um, verzichtet damit auf konzeptionell geschlossene (sog. „geschützte“) Stationen, nach außen arbeitet sie in engem Austausch mit den Bürger*innen und Institutionen des Bezirks und legt Wert auf eine hohe Transparenz ihrer Arbeit.
Als „Abteilungspsychiatrie“ am Allgemeinkrankhaus ist die psychiatrische Klinik Teil der medizinischen Versorgung, die durch das Klinikum Neukölln gewährleistet wird. Sie kooperiert eng mit den somatischen Kliniken. Dies gewährleistet wechselseitig sowohl eine qualitativ hochwertige psychiatrisch-psychotherapeutische Versorgung körperlich Erkrankter als auch eine umfassende somatische Versorgung psychisch Kranker. Zudem besteht eine intensive interdisziplinäre Zusammenarbeit in der Psychosomatik, vor allem in der Psychoonkologie und der Psychokardiologie.
Interkulturalität und Milieutherapie in Neukölln
Die Klinik betreibt eine interkulturelle Psychiatrie: mehr als ein Drittel der Patient*innen hat einen Migrationshintergrund. Wir legen großen Wert auf die interkulturelle Kompetenz unseres Mitarbeiter*innenteams. In der Klinik arbeiten Beschäftigte mit fast 20 verschiedenen Muttersprachen. Die interkulturelle Öffnung unserer Klinik mit ihren vielfältigen Angeboten verstehen wir als permanente Aufgabe.
Wir messen der Milieutherapie, einer offenen, Vertrauen und Sicherheit vermittelnden Stationsatmosphäre, und der therapeutischen Gemeinschaft einen hohen therapeutischen Stellenwert bei. Unter den besonderen Bedingungen der psychiatrischen Behandlung versuchen wir, so viel gesundungsfördernde Normalität wie möglich zu erhalten. Diesem Normalitätsprinzip folgend sind unsere Stationen hinsichtlich Diagnose, Alter und Geschlecht heterogen belegt. Umfangreiche und differenzierte diagnosespezifische therapeutische Angebote stehen stationsübergreifend zur Verfügung.
In unserem multidisziplinären Team arbeiten Fach*ärztinnen, Ärzt*innen in Weiterbildung, Gesundheits- und Krankenpfleger*innen (inkl. Pflegefachpersonen für Psychiatrie), psychologische Psychotherapeut*innen, Psycholog*innen, psychologischen Psychotherapeut*innen in Ausbildung, Sozialarbeiter*innen, Ergo-, Kunst-, Gestaltungs-, Musik-, Tanz- und Physiotherapeut*innen sowie Genesungsbegleiter*innen. Die Qualität der Kooperation im multiprofessionellen Team bestimmt das therapeutische Milieu der Station wesentlich mit und wird durch regelmäßige externe Supervision unterstützt.
Beziehungskontinuität durch sektorenübergreifende Behandlung
Um Beziehungskontinuität zu gewährleisten, erfolgen ggf. notwendige Wiederaufnahmen auf dieselbe Station wie beim Voraufenthalt (Heimatstationsprinzip). Beziehungskontinuität wird auch durch eine enge sektorenübergreifende Verzahnung unserer Behandlungsbereiche gesichert. So können etwa die allgemeinpsychiatrischen Stationen auch teilstationäre oder längerfristige ambulante Behandlungen anbieten und sich mit ihren Teams an stationsäquivalenten Behandlungen von Heimatstationspatient*innen beteiligen. Eine wesentliche Rolle spielt in diesem Zusammenhang die psychiatrische Krankenpflege, die bei uns nach dem Prinzip der Bezugspflege organisiert ist.
Personenzentrierte Therapieplanung
Im Zentrum unserer Arbeit stehen unsere Patient*innen, deren Erfahrungen und Expertenwissen wir mit Offenheit und Respekt begegnen und deren Bedürfnisse und Bedarfe wir ernst nehmen. Eine personenzentrierte Sicht ist Ausgangspunkt der gemeinsamen Planung einer individuell abgestimmten multiprofessionellen Komplexbehandlung. Dabei richten wir unser Augenmerk nicht nur auf Krankheitssymptome und deren Verlauf, sondern auch auf die Lebensgeschichte unserer Patient*innen, auf ihre sozialen Beziehungen sowie ihre aktuelle Lebens-, Wohn- und Arbeitssituation.
Die therapeutische Beziehung als Basis des Behandlungskonzepts
Die therapeutische Beziehung bildet die Basis aller therapeutischen Bemühungen. Psycho- und Soziotherapie bauen auf den Stärken, Fähigkeiten und Möglichkeiten (= Ressourcen) der Patient*innen auf und sind auf die Förderung von Hoffnung, Autonomie und Selbstvertrauen ausgerichtet (Recovery-Orientierung). Einzel- und Gruppenpsychotherapie, Musik-, Ergo-, Kunst-, Tanz-, Physio- und Soziotherapie, die psychiatrische Fachpflege sowie die medikamentöse Therapie werden auf die konkrete Situation jedes Patienten und jeder Patientin abgestimmt.
Einem integrativen Psychotherapieverständnis folgend verbinden wir verhaltenstherapeutische, psychodynamische und systemische Formen des Verstehens und therapeutischen Handelns und gewichten diese individuell. Moderne Behandlungsansätze wie der „Open Dialogue“ und die „bedürfnisangepasste Behandlung“ kommen u.a. in Form von Reflecting Team-Gesprächen, Behandlungskonferenzen und Netzwerkgesprächen zum Einsatz. Eine Orientierung der Behandlungsplanung an aktuellen psychiatrischen Leitlinien ist selbstverständlich.
Einbeziehung von Angehörigen
Wo immer erwünscht und möglich werden Angehörigen und andere wichtige Bezugspersonen in die Behandlung einbezogen, bspw. in Form von
- Angehörigenvisiten,
- Netzwerkgesprächen,
- ggf. sozialarbeiterischer Beratung,
- Kooperation mit dem Verband der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen e.V.
Die Wiedereingliederung in das soziale Umfeld ist ein wichtiges Behandlungsziel. Dabei kommt dem umfangreichen Beratungs- und Hilfeangebot unserer Sozialarbeiter*innen, die in allen unseren Teams einen festen Platz haben, eine besonders wichtige Rolle zu.
Besondere Behandlungsangebote der Klinik
Die Klinik hält zahlreiche besondere Behandlungsangebote bereit, die sie – neben dem sektorenübergreifenden Gesamtkonzept – von vielen anderen Klinik unterscheiden. Dazu gehören u.a.
- die stationäre Krisenintervention,
- die stationsäquivalente Behandlung,
- die Intensiv-Tagesklinik mit 7-Tage-Betrieb,
- die Möglichkeit von Mutter-Kind-Behandlungen in allen Bereichen der Klinik,
- die qualifizierte Entzugsbehandlung von Alkohol-, Medikamenten- und Drogenabhängigen mit intensiver Motivationsförderung sowie
- die besonderen Behandlungsangebote für ältere Patient*innen und das Frühinterventionsprojekt für junge Erwachsene (FINK-Projekt).
Jenseits der fachlichen Aspekte im engeren Sinn sind wir beständig darum bemüht, unsere Klinik zu einem „guten Ort“ für Patient*innen, Angehörige und Mitarbeiter*innen zu machen und in diesem Sinn weiter zu entwickeln.