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Erkrankungen & Therapie

Herzklappenfehler

Das menschliche Herz pumpt täglich ca. 100.000 Mal mittels rhythmischer Kontraktionen des Herzmuskels Blut in alle Regionen des Körpers. Damit das Blut sinnvoll nach vorne fließt, weisen die linke und rechte Herzhälfte jeweils eine Klappe („Ventil“) zwischen der Vor- und der Hauptkammer und zwischen der Hauptkammer und der Schlagader auf.

In der rechten Herzhälfte heißt die Klappe zwischen Vorhof und Kammer Trikuspidalklappe, die zwischen Hauptkammer und Schlagader Pulmonalklappe. Auf der linken Seite nennt man die Klappe zwischen Vorhof und Kammer Mitralklappe, die zwischen Hauptkammer und Hauptschlagader Aortenklappe. Insgesamt sind krankhafte Veränderungen an den Klappen der linken Herzhälfte häufiger klinisch relevant.

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Ursachen

Die Herzklappen („Ventile“) können auf zwei Arten krankhaft verändert sein:

Zum einen führen diverse Erkrankungen zur Einengung einer Klappe (zu enges Ventil) mit der Folge, dass das Herz zunehmend mehr Kraft aufwenden muss, um noch ausreichend Blut in den Körper zu pumpen. Diese chronische Überlastung führt letztlich zum allmählichen Herzversagen (Herzinsuffizienz). Es gelingt dem Herzen dann nicht mehr, die geforderte Leistung zu bringen, und das Blut staut sich. Ist die linke Herzhälfte betroffen, kommt es zu Wassereinlagerungen in der Lunge (im schlimmsten Fall zu einem Lungenödem), auf der rechten Seite kommt es zu einem Rückstau im Venensystem mit Ausbildung von Knöchel- und Beinschwellungen (Ödeme).

Zum anderen tritt krankheitsbedingt eine Klappenschlussunfähigkeit (undichtes Ventil) auf. Die Folge hiervon ist ein Rückstrom des Blutes mit Volumenüberlastung des Herzens. Auch diese Veränderung führt zunächst zu einer vermehrten Belastung des Herzens und letztlich zur Herzschwäche.

Während einige Erkrankungen der Klappen angeboren sind (0,8 Prozent der Neugeborenen haben einen Herzfehler), werden die meisten Klappenfehler im Lauf des Lebens erworben. Somit entwickeln sich die Beschwerden beim Patienten schleichend-zunehmend und werden oft erstmals bei Routineuntersuchungen entdeckt („Sie haben ein Herzgeräusch!“), oder aber die nachlassende Leistungsfähigkeit des Patienten führt zum Arztbesuch.

Ursachen für Klappenerkrankungen sind vielfältig und reichen von genetischen Defekten und Schadstoffeinwirkungen während der Schwangerschaft über Infektionen bis hin zur Arteriosklerose. Letztere kommt mit der zunehmenden Alterung unserer Bevölkerung mehr und mehr zum Tragen.


Symptome und Beschwerden

Im Bereich der Aortenklappe führt eine Anlagestörung (bikuspide Aortenklappe) oft schon früh zur Ausbildung einer undichten Klappe. Selten, aber von hoher Bedeutung ist eine angeborene Bindegewebsschwäche (Marfan-Syndrom), die zur undichten Aortenklappe und Aufweitung der Schlagader führt. Akut entzündliche Veränderungen können innerhalb von Wochen und postentzündliche Zustände (nach rheumatischem Fieber) nach vielen Jahren zu Stenosen und Undichtigkeiten der Herzklappen führen. Die Patienten leiden unter Leistungsminderung, Ödemen, Luftnot, Angina pectoris (Gefühl der Brustenge) oder zunehmenden Herzrhythmusstörungen, die sogar zum Auftreten eines plötzlichen Herztodes führen können.

Im Bereich der Mitralklappe kommt es häufig zu Undichtigkeiten (Mitralinsuffizienz), wobei hier ursächlich rheumatisches Fieber, Narben des Herzmuskels nach Herzinfarkt sowie der angeborene Mitralklappenprolaps und degenerative Veränderungen in Betracht gezogen werden müssen. Die Patienten leiden unter zunehmender Herzschwäche mit den oben genannten Symptomen. Zusätzlich führen Veränderungen der Mitralklappe häufig zum sogenannten Vorhofflimmern (Herzrhythmusstörung mit unregelmäßigem Herzschlag), das mit einem erhöhten Schlaganfallrisiko assoziiert ist.


Behandlung

Die Therapie der Klappenstörung beinhaltet diverse Medikamente. Diese können aber nicht die mechanische Störung beseitigen – dies kann letztlich nur eine Operation. Medikamente können nur zur Minderung der Beschwerden beitragen.

Im Bereich der Aortenklappe steht ein mechanischer Klappenersatz (lebenslang notwendige Behandlung mit gerinnungshemmenden Medikamenten) einem möglichen biologischen Klappenersatz gegenüber (keine lebenslange Antikoagulation, aber begrenzte Haltbarkeit der Klappe von ca. 15 Jahren). Zunehmende Verbreitung finden derzeit Klappenersatzverfahren mittels Kathetertechnik entweder durch die Schlagader oder minimal-invasiv über die Herzspitze.

Eine Mitralklappenundichtigkeit (Mitralinsuffizienz) kann heute in bis zu 80 Prozent der Fälle mittels Rekonstruktion der Klappe operativ versorgt werden. Als weitere Optionen stehen der Klappenersatz oder – im Fall schlechter Operabilität – auch die Verkleinerung der Rückflussöffnung durch kleine Klammern mittels Herzkathetertechnik (Mitra-Clip) und Schnürung des Klappenrings über Kathetertechnik zur Verfügung. Das gefürchtete Schlaganfallrisiko bei Vorhofflimmern kann heute auch minimal-invasiv mit einem Vorhofohrverschluss im Rahmen einer Herzkatheteruntersuchung behandelt werden. Dies kommt insbesondere bei Patienten, die nicht dauerhaft mit Blutgerinnungsmedikamenten behandelt werden können, infrage.

Auf der rechten Herzseite stehen ebenfalls entsprechende operative Verfahren zur Verfügung. Nach erfolgreicher Operation ist mäßige körperliche Belastung sinnvoll, Spitzenbelastungen hingegen sollten vermieden werden, da sich ein durch Klappenfehler geschädigtes Herz nur verzögert erholt.


Prognose

Die Prognose wird im Wesentlichen durch den Zeitpunkt der Diagnose bestimmt. Deshalb sollten unklare Beschwerden und das Auftreten von Herzgeräuschen zur weiteren Diagnostik führen. Der Arzt kann aus der Kombination von EKG, Herzultraschall, MRT, Röntgen und Herzkatheter letztlich die Diagnose des Klappenfehlers sicherstellen und entscheiden, ob zunächst eine medikamentöse Therapie mit Verlaufsbeobachtung sinnvoll ist oder eine baldige Operation. Wichtig ist es, das Herz zu operieren, bevor es zum Endstadium der Herzschwäche gekommen ist. Die erfolgreiche Operation führt dann zur Linderung der Beschwerden und verbessert zudem die Prognose.


Vorbeugung

Wichtigste vorbeugende Maßnahme des Patienten ist die Eigenbeobachtung und hierbei die Beachtung der eigenen Leistungsfähigkeit. Nimmt Letztere ohne ersichtlichen Grund ab, kommt es zu mehrwöchigem Husten ohne Erkältung, schafft man die gewohnten Treppen plötzlich nicht mehr oder kommt es zu Wassereinlagerungen in den Beinen etc., dann wird es Zeit, einen Arzt aufzusuchen!


Autor: Dr. Rudolf Henzgen, Stellvertretender Ärztlicher Direktor des Vivantes Wenckebach Klinikums