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Alles im grünen Bereich: Wie eine Station mit „New Work“ neues Personal gewonnen hat

Eine freizeit-und familienbewusste Station, auf der das Pflegeteam den Dienstplan selbst bestimmt, es einen ruhigen Arbeitsplatz mit gemütlichem Sitzpolster gibt und das Stimmungsbarometer meistens „grün“ zeigt? Auf der Komfortstation im Vivantes Klinikum Am Urban hat sich mit „New Work“-Instrumenten so einiges geändert, was die Zufriedenheit der Mitarbeitenden gesteigert hat. Als sich das selbstbestimmte Arbeiten herumsprach, konnte die Station auch neues Personal gewinnen.

Auf der Komfortstation im Vivantes Klinikum Am Urban hat sich mit „New Work“-Instrumenten so einiges geändert, was die Zufriedenheit der Mitarbeitenden gesteigert hat. Als sich das selbstbestimmte Arbeiten herumsprach, konnte die Station auch neues Personal gewinnen.  

Selbstbestimmt arbeiten

Hier lebt die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben: Für die Mitarbeitenden wurde ein Arbeitsumfeld geschaffen, in dem sie selbstbestimmt arbeiten können. Was das genauer heißt, was sich im Arbeitsalltag geändert hat und wie die Idee dazu entstanden ist, erklären Marija Kozina, Bereichspflegeleiterin Somatik und Tino Wiefel, Bereichspflegeleiter Somatik und Intensivstation im Vivantes Klinikum Am Urban in Berlin-Kreuzberg.

New Work im Krankenhaus - wie kamen Sie darauf und was steckt im Vivantes Klinikum Am Urban dahinter?

Marija Kozina, Bereichspflegeleiterin Somatik: „Unsere Ziele waren erstens neue Pflegefachpersonen zu gewinnen, zweitens unser Stammpersonal an und zu binden und drittens gleichzeitig auch eine gute Versorgungsqualität für unsere Patientinnen und Patienten sicherzustellen. Wir wollten eigentlich alles und haben uns gefragt, wie es funktionieren kann, dass Wirtschaftlichkeit und Menschlichkeit keine Gegensätze sind. Daher haben wir 2021 entschieden, unsere bestehende interdisziplinäre Komfortstation zu einer familienorientierten und freizeitbewussten Station weiterzuentwickeln. Der neue Arbeitsort sollte attraktiver sein und sich von Wettbewerbern abheben.“

Mehr Freiraum fürs Privatleben schafft mehr Motivation im Beruf

Tino Wiefel, Bereichspflegeleiter Somatik und Intensivstation: „Der Trend geht ja immer mehr dahin, dass gearbeitet wird, um zu leben – und nicht umgekehrt. Damit Menschen hochmotiviert sind und die volle Leistungsbereitschaft im Beruf aufbringen können, sollte genügend Freiraum vorhanden sein, um das Privatleben nach den eigenen Interessen gestalten zu können. Jetzt ist es bei uns für alle im Team möglich, die eigene Work-Life-Fitness-Balance zu leben.“

Wie haben Sie das denn geschafft?

Marija Kozina: „Zuerst haben wir eine Projektgruppe gegründet: aus Mitarbeitenden des Pflegeteams, der Stationspflegeleitung und der Bereichspflegeleitung. Nach intensivem Austausch und Workshops haben wir drei große Themen herausgearbeitet: Arbeitsumfeld („Places“), Praxisanleitung und Dienstplangestaltung. Beim Dienstplan ging es vor allem um den Arbeitsbeginn und den Arbeitsrhythmus. Daraus haben wir Maßnahmen entwickelt und dann praktische New-Work- Instrumente implementiert.“

Was „New Work“ bedeutet

Hinter dem Begriff „New Work“ steckt eine neue Arbeitsweise: New Work fasst alle Entwicklungen zusammen, die für eine moderne, mitarbeiterorientierte Arbeitswelt im 21. Jahrhundert Bedeutung haben. Dabei geht es nicht nur um Globalisierung und Digitalisierung, sondern um vor allem um Freiheit, Selbstbestimmung und um neue Verständnisse von Arbeitsort und der Arbeitszeit.

 
 

Was haben Sie im Arbeitsumfeld konkret geändert?

Tino Wiefel: „Wir haben beispielsweise etwa ein Teamboard eingeführt. An jedem Werktag machen wir vor diesem Board etwa dreiminütige Kurzbesprechungen im Team mit wichtigen Informationen und wichtigen Kennzahlen. Abschluss des Teamboards ist immer „der schönste Moment im Dienst“: Jede und jeder im Frühdienst kommuniziert ihren oder seinen persönlichen „schönsten Moment“, so dass die Pflegefachkräfte aus dem Frühdienst mit einem positiven Erlebnis nach Hause gehen und die Personen im Spätdienst damit starten.“

Was steht denn auf dem Teamboard?

Marija Kozina: „Auf dem Teamboard stehen wichtige Kennzahlen. Zum Beispiel ob die Anamnesebögen vollständig vorliegen oder ob Patient*innen zur Sturzprophylaxe aufgeklärt wurden. Das hilft uns auch, die Qualität der Patientenversorgung zu verbessern, denn alle sind dann auf dem gleichen Stand und können hier auch nachsehen. Und es gibt auch ein Stimmungsbarometer auf dem Teamboard. Jede und jeder wird quasi mitgenommen. Alles in allem gibt das ein gutes Gefühl und ein tolles Miteinander.“

Neu ist auch der Stationstresen – was ist das?

Marija Kozina: „Das ist ein zusätzlicher Arbeitsplatz, und der wird sehr gut angenommen: Im hinteren Bereich der Station ist ein extra Arbeitsplatz mit Computern und einer gepolsterten Sitzbank eingerichtet worden, an dem sich die Pflegefachkräfte auch mal zurückziehen können. Am Stationstresen kann in ruhiger Atmosphäre der Pflegeprozess geplant und dokumentiert werden.“

Ein wichtiges Thema für das Team waren ja die Dienstpläne. Da hat sich auch einiges geändert…stimmt es, dass die Teammitglieder ihre Dienste nun selbst planen?

Tino Wiefel: „Ja, der Dienstplan wird nun nicht mehr von der Stationsleitung, sondern vom Pflegeteam selbst geschrieben. Die Kolleginnen und Kollegen tragen im Vorfeld ihre Dienste im Wunschdienstplan ein und unter bestimmten Vorgaben wie Besetzungsstärke, Arbeitstage und Schichtwechsel wird der Dienstplan gemeinsam erstellt. Das Leitungsteam übernimmt bei der Erstellung des Dienstplans nur noch eine unterstützende und überprüfende Funktion. Das klappt erstaunlich gut.“

Wenn Dienstpläne und Dienstzeiten selbst bestimmt werden

 

Und die Dienstzeiten sind jetzt flexibler?

Marija Kozina: „Stimmt, auch die Dienstzeiten können angepasst werden. Es gibt die Möglichkeit einer verkürzten Dienstzeit, etwa eines Sechs-Stunden-Dienstes. Auch und ein flexibler Arbeitszeitbeginn ist möglich. Die Vorgabe ist, dass ab 6.30 Uhr morgens mindestens eine examinierte Pflegefachkraft anwesend sein muss – und das Team kann sich in der Regel recht schnell einigen. Das eher starre Drei-Schichten-System gehört nun der Vergangenheit an, und die Dienstplanung kann so die Lebensumstände und Bedürfnisse der einzelnen Mitarbeitenden viel besser berücksichtigen.

Ist das nicht sehr aufwendig, die Bedürfnisse von allen zu berücksichtigen?

Marija Kozina: „Klar, dazu gehört viel interne Abstimmung - aber das führt dann ja auch dazu, dass die Zufriedenheit stieg. Und das hat sich herumgesprochen. Dann haben wir auf einmal auch mehr Bewerbungen bekommen und konnten die Station besser besetzen.“

Bessere Stimmung, mehr Bewerbungen, kein Leasing mehr

Es gibt also tatsächlich mehr Fachpersonal? Und woran merkt man noch, dass die Mitarbeitenden zufriedener sind?

Tino Wiefel: „Das Stimmungsbarometer ist nun häufig im „grünen Bereich“, häufiger als früher. Die Arbeitsatmosphäre hat sich also positiv verändert. Auch in den jährlichen Feedbackgesprächen hören wir, dass es eine höhere Zufriedenheit gibt. Und ja, wir haben auch mehr Personal: Im Februar 2021 waren es noch 18,35 Vollkräfte (VK) und im Dezember 2022 waren es 25,5 VK auf der Station. Wir sind jetzt so gut besetzt, dass wir seit Dezember 2021 kein Fremdpersonal mehr einsetzten mussten, also kein Leasing mehr.“

Was ist mit den Patientinnen und Patienten, also mit dem Punkt „bessere Versorgungsqualität“?

Marija Kozina: „Durch die New Work- Maßnahmen konnten auch die Patientinnen und Patienten profitieren: Viele positive Rückmeldungen sind das Resultat – und bisher keine Beschwerden.“

Was soll sich noch ändern?

Marija Kozina: „Wir diskutieren gerade, was wir künftig ändern wollen. Ein Vorhaben: Um Auszubildende für die Station zu gewinnen, sollen künftig – mit Zustimmung der Auszubildenden – individuelle Profile erstellt und am Teamboard ausgehangen werden. Darauf wird die oder der Auszubildende mit dem jeweiligen Ausbildungsstand und dem Interesse an fachspezifischen Themen vorgestellt. So können unsere Azubis hoffentlich schneller und besser integriert werden.“

 
 

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