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RS-Virus – Tipps vom Kinderarzt

Woran erkennt man das RS-Virus bei Kindern? Tipps für Eltern hat ein Kindermediziner von Vivantes.

RS-Virus bei Kindern: Darauf sollten Eltern achten

Die Corona-Pandemie ist noch nicht vorbei, da stoßen die Kinderkliniken an ihre Grenzen, weil immer mehr Kinder mit Atemwegsinfekten zu Vivantes kommen.
Dr. Mikosch Wilke ist Oberarzt der Pädiatrischen Intensivmedizin im Vivantes Klinikum Neukölln. Er spricht über Ursachen und Symptome des RS-Virus, mit dem die Klinik-Teams derzeit besonders zu kämpfen haben.

Herr Dr. Wilke, wie ist die Lage in der Vivantes Kinderklinik in Neukölln?

Dr. Mikosch Wilke: "Wie in ganz Deutschland erleben wir gerade eine starke Welle von Erkrankungen mit RS-Viren also dem sogenannten Respiratory-Syncytial (RS-)-Virus. Die Kliniken und Rettungsstellen sind voll, fast die Hälfte der mit Atemwegsinfekten erkrankten Kinder wird wegen des RSV behandelt. Die Influenza ist zusätzlich auf dem Vormarsch und führt zu vermehrten Vorstellungen in den Kinderrettungsstellen und Kinderarztpraxen."

"Zu schweren RSV-Virus-Erkrankungen kommt es vor allem bei Kleinkindern und Säuglingen, es trifft aktuell auch Kinder bis etwa 5 Jahre"

Müssen alle Kinder mit RSV stationär in einer Klinik behandelt werden?

Wilke: "Nein. Zu schweren Erkrankungen führt das Virus vor allem bei Kleinkindern und Säuglingen. Es trifft aber dieses Jahr auch etwas ältere Kinder bis etwa 5 Jahre mit schwereren Verläufen. So waren in den vergangenen Tagen im Klinikum Neukölln die allermeisten stationären Aufnahmen durch das RS-Virus bedingt."

Warum betrifft das Virus derzeit so viele Kinder?

Wilke: "Jedes Jahr gibt es in der Herbst- und Wintersaison einen rasanten Anstieg der Atemwegsinfektionen durch Viren bei Kindern. Letztes Jahr war die RS-Virussaison viel früher und unerwartet im August-September, wahrscheinlich bedingt durch die Lockdowns, Kita- und Schulschließungen, plus die Maskenpflicht für Kinder in Schulen.

Dieses Jahr ist die Zahl der RS-Viruserkrankten wahrscheinlich nicht sehr viel höher, aber die Gesamtzahl der Atemwegserkrankungen hat deutlich zugenommen. Während der Pandemie und der Lockdowns und im Homeoffice waren Eltern und Kinder kaum Erkältungs- und Grippeviren ausgesetzt, die unser Immunsystem zum Lernen und zur Aktivierung benötigt - so erleben wir zeitversetzt eine starke Erkrankungswelle."

In die Klinik? Mit bläulicher Haut oder Lippen, Atembeschwerden, starkem Husten und oft Fieber

Wie überträgt sich das Virus, wie sind die Symptome und wann sollte man in die Klinik kommen?

Wilke: "Das RS-Virus gelangt als Tröpfcheninfektion, also durch Husten und Niesen über Augen, Nase oder Mund in den Körper, aber auch durch direkten Kontakt, wie Händeschütteln. Das passiert alltäglich in unserem Umfeld - beispielsweise in Kitas. Besonders Kleinkinder und Säuglinge sind aufgrund der noch kleinen, wachsenden Lungen und bei Menschen mit Asthma und anderen Lungen- und Herzerkrankungen stärker gefährdet, schwerer am RS-Virus zu erkranken.

Die Symptome ähneln denen der Grippe. Ein Klinikbesuch ist besonders für Babies und Kleinkinder mit schweren Symptomen ratsam. Bei schweren Verläufen kommt es zu bläulichen Verfärbungen der Haut oder Lippen, Atembeschwerden und starkem, keuchendem Husten, oft zusammen mit Fieber."

Zu wenig Sauerstoff im Blut - dann hilft oft "High Flow"

Wie verläuft die Behandlung in der Klinik?

Wilke: "Meist ist die Sauerstoffsättigung im Blut nicht ausreichend und die Kinder benötigen eine sogenannte „HighFlow“ Therapie mit Sauerstoff. Durch die Behandlung kann hoffentlich verhindert werden, dass sich daraus eine Lungenentzündung oder Bronchiolitis (Infektion der kleinsten Lungenbläschen) entwickelt - dann hilft manchmal nur eine mechanische Beatmung zur Unterstützung auf der Kinderintensivstation. Natürlich können auch andere Symptome durch das RS-Virus wie eine schwere  Mittelohrentzündung auftreten."

"Kein Kind wird abgewiesen"

Haben Sie genügend Betten für die Kinder in Ihrer Klinik?

Wilke: "Dies ist tatsächlich ein wiederkehrendes saisonales, aber in der aktuellen Situation ein belastendes Thema für uns behandelnden Kinderärzte*innen und geht gerade durch alle Medien. Die Betten werden in der Herbst- und Wintersaison immer knapp, jedes Jahr. So können wir in dieser „Hochsaison“ nicht allen Kindern an den Standorten eine Aufnahme garantieren - natürlich auch, weil Pflegepersonal fehlt.

Aber kein krankes Kind wird abgewiesen, das in die Rettungsstelle gebracht wird. Die Kinderrettungsstellen sind, genauso wie die Kinderarztpraxen, extrem voll und leider müssen die Eltern mit ihren Kindern sich auf sehr lange Wartezeiten einstellen. Sehr kranke Kinder werden aber nach dem Ersteindruck der Kinderkrankenpflegekräfte vorrangig behandelt. Es kommt dennoch vor, dass wir Kinder in eine andere Klinik verlegen müssen, wenn kein Bett mehr frei ist. Dafür fragen wir in allen Berliner Kinderkliniken aber mittlerweile auch immer wieder in Kliniken in Brandenburg nach freien Kapazitäten an und es kann im Einzelfall zur Verlegung dorthin kommen."

 

Links

Kinderrettungsstelle im Vivantes Klinikum Neukölln

Klinik für Kinder- und Jugendmedizin im Vivantes Klinikum im Friedrichshain