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Mandelentzündung: Ursachen und was dagegen hilft

Für Betroffene kann eine Mandelentzündung vor allem beim Schlucken sehr schmerzhaft sein. Was Linderung verschafft und wann das operative Entfernen der Mandeln Sinn machen kann, erklärt PD Dr. med. Parwis Mir-Salim, Chefarzt der Klinik für HNO-Heilkunde am Vivantes Klinikum im Friedrichshain, im Interview.

Herr Dr. Mir-Salim, was sind typische Symptome einer Mandelentzündung?

Beim Schluckvorgang drückt die Zunge die Speise nach hinten wie ein Stempel und die Schlundmuskulatur zieht sich zusammen. Die Mandeln sitzen zwischen den Gaumenbögen mittendrin in diesem viel bewegten Gebiet, und werden auch als Gaumenmandeln bezeichnet. Sie sind ein Teil des lymphatischen Abwehrringes des oberen Aerodigestiv-Traktes. Wenn sie sich aufgrund einer bakteriellen oder viralen Infektion entzünden, bereitet dies den Betroffenen Halsschmerzen beim Schlucken, die auch gerne mal in das Ohr ausstrahlen. Dadurch, dass wir normalerweise unbewusst mehrfach pro Minute schlucken, wird diese Entzündung meist intensiv wahrgenommen. Sollte der betroffene Mensch beim Blick in den Spiegel und geöffnetem Mund eine Rötung und eventuell gelblich, weißliche Beläge an den Mandeln sehen, so wäre dies typisch.

Wann sollte man mit einer Mandelentzündung zum Arzt gehen?

Bei Sichtung eitriger Beläge, die auch atypischerweise einseitig auftreten können, zusätzlichem Fieber und/oder bei Schwellungsgefühl an den Mandeln, sollte ärztliche Hilfe aufgesucht werden. In schweren Fällen kann auch ein Abszess, also eine Eiteransammlung an den Mandeln entstehen. In diesen Fällen sollte man dies operativ entlasten.

Welche Hausmittel und Medikamente helfen?

Bei unkomplizierten Halsschmerzen kann schleimhautschonend mit Kamillentee gegurgelt werden. Dies schmeckt zwar nicht jedem, aber es desinfiziert sehr schonend den Hals innerlich und pflegt die Schleimhaut. Zusätzlich kann ein Eiswürfel gelutscht werden. Die Kühle ist schmerzlindernd. Bei eindeutiger bakterieller Infektion sollte antibiotisch behandelt werden. Die Verschreibung sollte aber immer ärztlich und nicht als Eigenbehandlung erfolgen.

Bei einer Mandelentzündung soll helfen, viel Eis zu essen: Was ist an dem Mythos dran?

Das ist gar kein Mythos, sondern durchaus sinnvoll, da die Kühlung der Mandelschwellung entgegenwirkt und dadurch die Schmerzen reduziert. Allerdings ist es besser keine säurehaltigen Fruchteissorten zu wählen, dies könnte brennen. Milchspeiseeis kann bei manchen Menschen eher zu Verschleimung führen und damit auch nicht immer als vorteilhaft angesehen werden. Weiterhin ist das Verspeisen großer Speiseeismengen bei Zuckerkrankheit oder Übergewicht eventuell auch wenig sinnvoll. Vollkommen risikofrei und wenig kostenintensiv sind einfache Wassereiswürfel.

Wann müssen die Mandeln entfernt werden?

Die Entfernung von Gaumenmandeln ist immer noch die häufigste Operation in der HNO-Heilkunde. Sie ist aufgrund einer strengeren Indikationsstellung jedoch deutlich seltener geworden. Sollten bakterielle Mandelentzündungen etwa sechs Mal oder mehr pro Jahr auftreten, ist eine Entfernung sinnvoll. Weiterhin kann in schweren Fällen eines Mandelabszesses auch die Entfernung sinnvoll sein. All dies geschieht heutzutage in Narkose. Als häufigste Komplikation treten in vier bis acht Prozent der Operierten Nachblutungen auf, die in sehr vereinzelten Fällen auch lebensbedrohlich verlaufen können. Daher wird die Indikation zur Operation heutzutage deutlich strenger gestellt.

Mandelentzündung bei Kindern

Wenn Kinder eine Mandelentzündung haben: Gibt es hier noch anderes zu beachten als bei Erwachsenen?

Eigentlich nein. Allerdings sollte man eine komplette Mandelentfernung vor dem zweiten Lebensjahr meiden, weshalb man sie bei kleineren Kindern eher nur als sogenannte Tonsillotomie verkleinert. Manche Kinder haben so große Mandeln, dass sie sich in der Mitte berühren und den Rachenraum erheblich einengen. Dies bezeichnet man dann treffenderweise als „kissing tonsils“ (küssende Mandeln). Sollten diese Kinder schnarchen oder Probleme bei der Nahrungsaufnahme haben, ist hier auch eine risikoarme Tonsillotomie zu empfehlen. Aber man kann nicht genug betonen, dass die Indikation hierzu stets fachärztlich und keinesfalls leichtfertig gestellt werden sollte.