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Intensivstation: Tagebücher gegen die verlorene Zeit

Auf der Intensivstation am Vivantes Klinikum Spandau wird für Patientinnen und Patienten Tagebuch geführt. Wer auf einer Intensivstation behandelt wurde, kann Erinnerungslücken haben und sogar an den Folgen psychisch und physisch erkranken – das Symptom heißt PICS. Ein Tagebuch über die Zeit auf der Intensivstation kann dann helfen.

Was das Post-Intensive Care Syndrome ist

Nach ihrer Entlassung leiden manche Intensivpatientinnen und -patienten an physischen, psychischen und kognitiven Folgen der Behandlung.

Es kann sogar zu Angstsymptomen, Depressionen oder einer posttraumatischen Belastungsstörung kommen. Mittlerweile hat sich dafür der Begriff „Post-Intensive Care Syndrome“, kurz PICS, etabliert. Lutz Mrotzek, Bereichspflegeleiter auch für die Spandauer Intensivstation, berichtet über ein neues Projekt, das Patientinnen und Patienten helfen kann, die Zeit auf der Intensivstation nachzuvollziehen und so ein mögliches Post-Intensive Care Syndrome zu überwinden: Tagebücher, die für und mit den Intensivpatient*innen und deren Angehörigen verfasst werden. 
 

Lutz Mrotzek ist Bereichspflegeleiter unter anderem für die Intensivstationen am Vivantes Klinikum Spandau.

Mit dem Projekt wollen wir jeder Patientin und jedem Patienten die Möglichkeit zu geben, die Zeit auf unseren Intensivstationen mit Hilfe des Buches nachzuverfolgen und zu verarbeiten.

Bereichspflegeleiter Stroke Unit, internistische Aufnahmestationen, NeuroRehabilitation, Klinik für Neurologie, Intensivstation, Komfortklinik am Vivantes Klinikum SpandauLutz Mrotzek

Herr Mrotzek, waren diese Tagebücher für Intensivpatientinnen und -patienten ihre Idee? 

Lutz Mrotzek: „Tatsächlich haben Pflegende aus Skandinavien und England diese Methode entwickelt, die den Patientinnen und Patienten die Möglichkeit gibt, sich mit der verlorenen Zeit zu beschäftigen und so etwas gegen PICS in der Hand zu haben: Tagebücher für diese Patientinnen und Patienten. Unser Ziel ist es, jeder Patientin und jedem Patienten die Möglichkeit zu geben, die Zeit auf unseren Stationen mit Hilfe des Buches nachzuverfolgen und zu verarbeiten.“

Notizen zu Erfolgen, Rückschlägen oder auch Geräuschen

Was steht zum Beispiel in so einem Tagebuch? 

Mrotzek: „Ich kann jetzt natürlich nichts so Privates vorlesen. In den Büchern wird jeder Tag beschrieben, wobei auch Veränderungen, Erfolge oder Rückschläge dokumentiert werden. Zum Beispiel kann die Beendigung der künstlichen Beatmung und wie das geklappt hat hineingeschrieben werden. Oder Geräusche, die einem auffallen, können beschrieben werden.“

Seit wann gibt es diese Tagebücher im Vivantes Klinikum Spandau für Menschen auf Intensivstationen? 

Mrotzek: „Die Idee hatten wir bereits Ende 2019, dann kam die Pandemie und es mussten auch noch von unserer Arbeitsgruppe wichtige Voraussetzungen und Rahmenbedingungen geklärt werden, wie etwa Datenschutzfragen und die Zustimmung des Ethikkommitees am Klinikum. Als das Patiententagebuch dann freigegeben war, konnten wir es in der Teamsitzung Ende 2021 vorstellen.  Im Januar 2022 haben wir dann auf den beiden Stationen mit Schulungen begonnen. Der Grundstein ist jetzt gelegt, wir verfassen schon die ersten Tagebücher und wir werden mit jeder Patientin und jedem Patienten mehr dazulernen.“
 

Wer schreibt denn das Tagebuch im Vivantes Klinikum Spandau? 

Mrotzek: „Alle an der Genesung beteiligten Personen wirken an dem Tagebuch für die Patientin oder den Patienten mit. Dazu gehören natürlich auch Pflegende, Therapeutinnen und Therapeuten und Ärztinnen und Ärzte. Auch ihre Angehörigen sind eingeladen, sich zu beteiligen. Wenn die Patientinnen oder Patienten dazu in der Lage sind, können sie auch selbst etwas verfassen: Wie geht es ihnen heute, was ist ihnen aufgefallen?“

Studien: Intensivtagebücher sind eine wirksame Hilfe 

Kann so ein Tagebuch wirklich helfen?

Mrotzek: „Ja, Studien belegen, dass das Intensivtagebuch eine wirksame Hilfe für Betroffene und die Angehörigen darstellt. Wir empfehlen allerdings, das Buch erst zu lesen, wenn man sich auch bereit dazu fühlt. Und wir geben auch den Tipp, beim ersten Lesen eine vertraute Person dabei zu haben. Es kann dann mitunter vieles hochkommen. Vieles ist ja vielleicht in der Erinnerung verschwommen oder es gibt Erinnerungslücken. Oder auch Geräusche, die nicht klar zugeordnet werden können. Auch der Überwachungsmonitor und das Beatmungsgerät werden erklärt, die ja auch piepsen und zischen können. Das Buch bietet außerdem ein kleines Glossar, in dem man bestimmte Fachbegriffe erklärt bekommt, die vielleicht vom Klinikpersonal verwendet werden. Wir hoffen insgesamt, dass unser Projekt den Menschen, die bei uns waren, helfen kann.“
 

Mehr zur Pflege im Vivantes Klinikum Spandau

Im Vivantes Klinikum Spandau sorgen 576 engagierte Gesundheits- und Krankenpflegerinnen und Altenpfleger sowie 140 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Funktionsdienstes dafür, dass es unseren Patienten und Patientinnen gut geht. Sie sind das Rückgrat unseres Klinikums im Berliner Norden.

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