Periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK)
Die periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK) umfasst Durchblutungsstörungen durch Verengung oder Verschluss von Schlagadern der Beine, Arme und im Bauchraum. Sie bildet somit eine große heterogene Gruppe von Erkrankungen, deren Beschwerdebilder durch die Folgen der Minderdurchblutung und den dadurch entstehenden Organschaden bestimmt werden.
Dazu gehören die häufige „Schaufensterkrankheit“ mit Muskelschmerz der Beine (Claudicatio intermittens) beim Laufen ebenso wie Bauchschmerzen nach dem Essen (Angina abdominalis) oder der schwer einstellbare Bluthochdruck bei Nierendurchblutungsstörung.
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Ursachen
Die häufigste Ursache ist die Atherosklerose, eine eher langsam entstehende Verdickung und Verhärtung der Aderinnenhaut bis hin zu schwerer Verkalkung. Daneben gibt es nicht atherosklerotisch bedingte Formen, z. B. mit entzündlicher Schwellung der Aderwand bei sogenannten Autoimmunerkrankungen oder Verschluss durch eingeschleppte Gerinnsel (Embolus) bei Herzrhythmusstörung bzw. krankhafte Aussackungen (Aneurysmen) von bestimmten Schlagaderabschnitten.
Risikofaktoren
Risikofaktoren für die Atherosklerose sind die vier Hauptfaktoren Bluthochdruck, Rauchen, erhöhtes Blutcholesterin und die Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus). Ungünstig wirken auch erhöhte Blutharnsäure und Übergewicht. All diese Faktoren und Erkrankungen sind durch Lebensstiländerung beeinflussbar.
Beschwerden
Oft macht sich eine Durchblutungsstörung zuerst in Belastungssituationen bemerkbar, da hier ein erhöhter Bedarf an Sauerstoff und Nährstoffen besteht. Bei der pAVK des Beines werden daher Schmerzen beim Laufen in der Waden- oder Oberschenkelmuskulatur bemerkt, die nachlassen, wenn man stehenbleibt. Daher kommt der Begriff „Schaufensterkrankheit“, weil Betroffene schmerzbedingt stehenbleiben müssen und derweil so tun, als würden sie sich die Schaufensterauslagen ansehen. Die schmerzfreie Gehstrecke kann stark verkürzt und damit die Mobilität deutlich eingeschränkt sein.
Ist die Durchblutungsstörung stark ausgeprägt oder sehr rasch entstanden, kann es zu Ruheschmerzen kommen. Dies zeigt an, dass die Versorgung des Gewebes bereits im Ruhezustand nicht ausreicht. Typischerweise treten insbesondere im Liegen Schmerzen im Zehen- und Fußbereich auf, die durch Herabhängenlassen des Beines aus dem Bett gelindert werden können.
Ein weiteres Symptom der pAVK kann die Wundheilungsstörung im Bereich der Füße/Unterschenkel sein. Durch die schlechte Durchblutung heilen Verletzungen nicht ab, oder es entstehen spontan schmerzhafte Wunden, die Ausdruck absterbenden Gewebes sind.
Im Bereich der Arme stehen bei der pAVK weniger der Belastungsschmerz als Wunden oder Ruheschmerzen im Bereich der Finger im Vordergrund. Im Bereich der Schlagadern im Bauchraum kann es zu einer Minderversorgung des Darms kommen, typischerweise mit Schmerzen nach dem Essen.
Andere Formen der Durchblutungsstörung können vornehmlich Hautveränderungen mit oder ohne Schmerzen verursachen, sodass zunächst an eine Hauterkrankung gedacht werden kann.
Diagnose
Bei der körperlichen Untersuchung und der Befragung durch den Arzt können bereits wertvolle Hinweise auf das Vorliegen einer Durchblutungsstörung gewonnen werden. Mittels Ultraschall kann ohne Belastung für den Patienten ein sehr genauer Befund über die Durchblutung der verschiedenen Bereiche erhoben und damit in aller Regel auch der Therapieplan erstellt werden.
Ergänzend stehen etliche funktionelle Untersuchungsmethoden (z. B. Belastungstests) zur Verfügung, die auch für die Verlaufskontrolle genutzt werden. Radiologische Untersuchungen wie die Computertomografie und das konventionelle Röntgenbild liefern weitere wichtige Informationen. Die Angiografie (invasive Kontrastmitteldarstellung der Schlagadern) wird dann durchgeführt, wenn auch eine kathetergestützte Therapie geplant ist. Insbesondere bei entzündlichen Gefäßerkrankungen ist die Labordiagnostik mit speziellen Tests für die Diagnosestellung entscheidend.
Behandlung
Art und Dringlichkeit der Therapie richten sich nach dem Ausmaß der Bedrohung oder dem bereits entstandenen Schaden eines Organs oder einer Extremität. Primär muss die verminderte Durchblutung verbessert werden, um gefährdete Körperteile zu retten. Dies kann operativ durch Ausschälen einer verlegten Schlagader oder mittels Anlage eines künstlichen Umgehungsgefäßes (Bypass) geschehen. Weniger eingreifend ist eine kathetergestützte Aufweitung (interventionelle Therapie) mit einem Ballon und ggf. Einlage einer Gefäßstütze (Stent). Kathetergestützt kann auch eine medikamentöse Auflösungstherapie (Lysetherapie) eines die Ader verstopfenden Blutgerinnsels infrage kommen.
Welche dieser Therapieformen gewählt wird, wird im Team der gefäßmedizinisch tätigen Ärzte diskutiert und entschieden, um für jeden Patienten die für ihn optimale Behandlung festzulegen.
Im Fall belastungsabhängiger Schmerzen der Beine (Claudicatio intermittens) besteht bei langsamer Entstehung keine zeitlich dringende Behandlungsnotwendigkeit. Hier wird gemeinsam mit dem Patienten anhand seines Leidensdrucks entschieden, ob und wie behandelt wird, da das Gewebe nicht bedroht ist.
Die sicherste Therapie für diese Patienten ist ein systematisches Gehtraining, wodurch sich bereits angelegte Umgehungsadern ausbauen lassen, die dann die Durchblutung deutlich verbessern können. Das benötigt Zeit, bringt aber bezüglich der Gehstrecke identische Ergebnisse wie die auch hier möglichen o. g. interventionellen Therapiemethoden.
Bei entzündlich bedingten Erkrankungen ist eine rein medikamentöse Behandlung angezeigt, um beispielsweise Entzündungsreaktionen zu bremsen. Die Wundbehandlung mit modernen Wundauflagen und Medikamenten kann neben der Verbesserung der Durchblutung ebenfalls zentraler Gegenstand einer Behandlung sein.
Prognose
Man weiß, dass Patienten mit einer pAVK eine kürzere Lebenserwartung haben, da sie häufiger als andere einen Herzinfarkt oder Schlaganfall erleiden. Es ist also wichtig, Patienten mit pAVK zu erfassen, um sie bezüglich ihres Risikos zu untersuchen und entsprechend zu betreuen.
Im Spontanverlauf der pAVK schreitet in etwa einem Viertel der Fälle die Erkrankung fort und verschlechtert sich. Bei den übrigen Patienten bleibt sie konstant oder kann sich auch verbessern.
Bezüglich des Erhalts der Extremität oder der Organfunktion sind das Ausmaß der Durchblutungsstörung und eine rechtzeitige ärztliche Vorstellung entscheidend. Hier kann keine generelle Prognose abgegeben werden.
Vorbeugung
Da die meisten Risikofaktoren durch unseren Lebensstil beeinflussbar sind, besteht für jeden Menschen die Möglichkeit, Prophylaxe zu betreiben.
Durch regelmäßige körperliche Bewegung (insbesondere Ausdauertraining), eine Ernährung mit hohem Gemüseanteil, überwiegend pflanzlichen Fetten und weniger tierischem Eiweiß/Fett sowie Abbau von Übergewicht können Stoffwechselstörungen (Diabetes mellitus, erhöhtes Blutcholesterin und Blutharnsäure), aber auch der Blutdruck ganz wesentlich verbessert werden. Durch den positiven Einfluss auf die Risikofaktoren kann die Ausbildung der Atherosklerose verringert werden.
Ein weiterer wesentlicher Bestandteil der Prophylaxe ist die Nikotinabstinenz. Das Institut für Tabakentwöhnung am Vivantes Klinikum Neukölln bietet hier professionelle Unterstützung an.
Autorin: Christiane Pollich, Oberärztin der Klinik für Angiologie und Leiterin der Funktionsdiagnostik im Vivantes Klinikum im Friedrichshain