Pankreaskrebszentrum im Humboldt-Klinikum
Im Pankreaskrebszentrum in Berlin-Reinickendorf werden jegliche Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse diagnostiziert und behandelt. Schwerpunkt bildet die Behandlung von malignen Bauchspeicheldrüsentumoren, deren Häufigkeit in den letzten Jahren deutlich zugenommen hat.
Die Bauchspeicheldrüse
Die Bauchspeicheldrüse (das Pankreas) zählt zu den Verdauungsorganen. Genauer gesagt ist es eine Drüse.
Sie produziert Verdauungssekrete zur Fettverdauung, die in den Dünndarm abgegeben werden (exokrine Funktion). Aber auch Hormone zur Blutzuckerregulation (z.B. Insulin) werden in der Bauchspeicheldrüse produziert und in die Blutbahn abgegeben (endokrine Funktion).
Das Organ selbst liegt versteckt im Oberbauch des Menschen. Es befindet sich hinter dem Magen. Unterteilt wird das Organ in Kopf, Körper und Schwanz.
Was ist Pankreas? Die Bauchspeicheldrüse erklärt:
Welche Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse gibt es?
Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse bilden einen Schwerpunkt des Pankreaszentrums. Im Wesentlichenen handelt es sich dabei um drei Gruppen von Erkrankungen:
Chronische Pankreatitis
Bei der chronischen Pankreatitis, – also der chronischen Entzündung der Bauchspeicheldrüse, – kommt es zu einer Abflussstörung im Gangsystem. Hauptproblem sind die anhaltenden Schmerzen und Verdauungsstörungörung. Außerdem kann es zu schweren akuten Entzündungsschüben kommen. Es sind verschiedene Operationen beschrieben, um die Folgen der chronischen Entzündung zu behandeln. Ziel sind weniger Schmerzen für Patient*innen. Man unterscheidet zwischen dränierenden und resezierenden Eingriffen. Die Wahl der Methode ist abhängig von der Organbeschaffenheit und weiteren Begleitumständen.
Wie wird die chronische Pankreatitis behandelt?
Die Behandlung iner chronischen Pankreatitis ist immer interdisziplinär. Zunächst wird die umfängliche Diagnostik und Therapie durch die Kolleg*innen der Gastroenterologie durchgeführt. Engstellen können mit endoskopischen Verfahren erweitert werden (ggf. Stenteinlage in den Gang). Die Verdauungsstörung wird medimamentös behandelt. Die exokrine Insuffizienz (Fettverdauungsstörung) wird durch die Einnahme von Pankreasenzym als Kapsel ausgeglichen. Die endokrine Insuffizienz (Diabetes mellitus) wird durch Tabletten und ggf. auch mit Insulin therapiert.
Wann ist eine Operation sinnvoll?
Die chirurgische Therapie spielt eine bedeutende Rolle zur Behandlung von akuten oder von späten Komplikationen einer chronischen Pankreatitis. Zu den akuten Komplikationen zählt eine akute Pankreatitis auf dem Boden einer chronischen Pankreatitis. Dieses Krankheitsbild kann schnell fortschreiten und mitunter zu einer lebensbedrohlichen Sepsis führen. Hier ist es die Aufgabe der Chirurgie in einem Stufenkonzept (Step-up Approach) mögliche Ansammlungen infizierter Flüssigkeit oder nekrotisches Gewebe möglichst schonend zu entfernen.
Zu den Spätkomplikationen zählen relevante Engstellen des Gangsystems der Galle und der Bauchspeicheldrüse. Aber auch die Behandlung der Schmerzen ist eine Domäne der chirurgischen Therapieverfahren bei chronischer Pankreatitis.
Es sind verschiedene Operationen beschrieben um die Folgen der chronischen Entzündung zu behandeln. Ziel sind weniger Schmerzen für den Patienten. Die Wahl der Methode ist abhängig von der Organbeschaffenheit und weiteren Begleitumständen. Man unterscheidet
- die Duodenumerhaltenden Pankreaskopfresektionen (DEPKR: OP nach Beger, Frey, Bern, Hamburg) oder
- die Pankreaskopfresektion in klassischer oder pyloruserhaltender Variante (PKR: Whipple, PPPD).
Zystische Neoplasien
Als zystische Neoplasie bezeichnet man mit Flüssigkeit oder Schleim gefüllte Raumforderungen der Bauchspeicheldrüse. Aufgrund der vermehrt durchgeführten Schnittbildgebung (CT, MRT) kommt es immer häufiger zu solchen Zufallsbefunden. In den vergangenen Jahrzehnten wurde sehr viel auf diesem Gebiet geforscht. Man weiß, dass bestimmte Gruppen der zystischen Neoplasien eine Vorstufe des Bauchspeicheldrüsenkrebs sein können. Stellt man nun eine solche Vorstufe fest, wird anhand definierter Kriterien festgelegt, ob man den Befund kontrolliert. Oder ob man sich aufgrund der Lage, der Größe oder Risikofaktoren zur prophylaktischen Operation entschließt.
Pseudozyste der Bauchspeicheldrüse
Bei einer Pseudozyste der Bauchspeicheldrüse handelt es sich meist um (post-) entzündliche Veränderungen. Diese entstehen z.B. bei der chronischen Pankreatitis. Da es sich um eine gutartige Erkrankung handelt, besteht hier nur selten Grund zu einer Operation.
Kommt es zur Entzündung einer solchen Zyste, wird meist mit Antibiotika behandelt. In manchen Fällen wird auch mittels endoskopischer Technik (also einer Spiegelung) eine Entlastung des Zysteninhaltes angestrebt. Chirurgisch kann auch eine Ableitung über ein aufgenähtes Dünndarmsegment erreicht werden.
Intraduktale papilläre muzinöse Neoplasie (IPMN)
Die häufigste Gruppe der sogenannten zystischen Raumforderungen sind die sogenannten IPMN.
Es handelt sich um schleimbildende (= muzinöse), sprossende (= papilläre) und vom Gang ausgehende (= intraduktale) Neubildungen (= Neoplasien).
IPMN können im Hauptgang entstehen. Dann heißen sie MD-IPMN (MD = engl. main duct). In mehr als der Hälfte der operierten Fälle bei Hauptgang IPMN sind schon Tumorzellen nachweisbar. Aus diesem Grunde wird bei MD-IPMN meist die Operation empfohlen.
Etwas komplizierter ist es bei den IPMN des Nebenganges. Diese werden als BD-IPMN bezeichnet (BD = engl. branch duct). Bei den BDIPMN ist es von verschiedenen Kriterien abhängig ob eine Operation zu empfehlen ist, oder ob es sicher ist eine Beobachtung zu vereinbaren. Zu den sogenannten besorgniserregenden Eigenschaften (engl. worrisome features) zählen die Größe, Verkalkungen, ein Aufstau des Hauptganges oder Knötchen ab einer bestimmten Größe.
Manchmal sind auch Haupt- und Nebengang betroffen. In diesen Fällen spricht man von einer MT-IPMN (engl.: mixed type).
Entscheidet man sich zur Operation, so wird nach den gleichen Prinzipien wie bei einem Tumor der Bauchspeicheldrüse operiert. Alle anderen Patient*innen sollten sich einer regelmäßigen Nachsorge unterziehen (z.B. MRCP).
Muzinös-zystische Neoplasie (MCN)
Muzinös-mystische Neoplasien der Bauchspeicheldrüse werden meist bei Frauen mittleren Alters diagnostiziert. Die zystischen Veränderungen sind oft septiert. Eine Entartung und daraus folgende Krebsentstehung ist möglich. Deshalb wird bei Verdacht auf diese Veränderung meist die Resektion, d.h. die operative Entfernung empfohlen.
Serös zystische Neoplasie (SCN)
Serös zystische Neoplasien werden meist bei Frauen um das 70. Lebensjahr festgestellt. Operiert werden muss dieser meist gutartige Tumor nur, wenn dieser einen Aufstau des Gangsystems verursacht oder wenn eine schnelle Größenzunahme festgestellt wird. Wichtig ist die sichere Abgrenzung zu anderen zystischen Raumforderungen, da diese ein höheres Risiko zu einer Krebsentstehung haben.
Solid-Pseudopapilläre Neoplasie (SPN)
Die solid-pseudopapilläree Neoplasie ist eine seltene Veränderung der Bauchspeicheldrüse. Betroffen sind meist junge Frauen. Meist sind die Veränderungen gutartig. Da es jedoch sehr schwierig ist, bösartige Veränderungen sicher auszuschließen, wird bei Verdacht auf das Vorliegen einer SPN manchmal zur Operation geraten.
Bauchspeicheldrüsenkrebs - Pankreaskarzinom
Der Bauchspeicheldrüsenkrebs (Pankreaskarzinom) ist ein aggressiver Tumor. In Deutschland wurde 2014 laut Robert Koch Institut bei 17.100 Menschen die Diagnose eines Pankreaskarzinoms gestellt. Risikofaktoren sind u.a. eine chronische Entzündung (chronische Pankreatitis) oder bestimmte gutartige Veränderungen (z.B. IPMN).
Wie wird ein Pankreaskarzinom diagnostiziert?
Die Diagnostik bei Verdacht auf einen Bauchspeicheldrüsentumor ist umfangreich. Neben der Laboruntersuchung ist eine Bildgebung notwendig (Ultraschall, Computertomografie, Magnetresonanztomographie) um eine Therapie planen zu können.
Mit einer Spiegelung (Endoskopie) können die Verhältnisse vor Ort beurteilt werden. Ist es zu einem Aufstau von Gallensäuren gekommen (Gelbsucht), kann auch gleich ein Abfluss geschaffen werden.
Wie wird das Pankreaskarzinom behandelt?
Fälle mit Tumoren der Bauchspeicheldrüse werden in einer Tumorkonferenz besprochen. Wenn keine Metastasen vorliegen, wird abhängig von der Lage des Tumors entweder der Pankreasschwanz oder der Pankreaskopf entfernt. In manchen Fällen kann heute auch minimal-invasiver Technik (Schlüssellochchirurgie) operiert werden. Vorteile sind die kleineren Narben und eine schnellere Mobilisierung.
Bestätigt sich der Tumorverdacht, schließt sich meist eine zusätzliche Therapie mit Medikamenten an (adjuvante Chemotherapie) um eine Streuung oder ein Lokalrezidiv zu verhindern.
Bei lokal fortgeschrittenen Tumoren kann mit modernen Krebsmedikamenten bzw. einer Medikamentenkombination (Chemotherapie) der Tumor vor einer Operation verkleinert werden. Gelingt dies, so kann in einem zweiten Schritt der Tumor ggf. doch entfernt werden.
Wie werden Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse operiert?
Einige Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse können auch konservativ behandelt werden (z.B. durch Medikamente). Häufig ist aber eine Operation notwendig, daher möchten wir Ihnen im Folgenden die Operationsmöglichkeiten genauer erläutern.
Was ist eine Pankreaskopfresektion?
Befindet sich ein Tumor im Kopf der Bauchspeicheldrüse, so muss dieser mitsamt den umgebenden Strukturen entfernt werden. Ziel ist es, mit dem Tumor auch das regionale Lymphabflussgebiet zu resezieren. Eingriffe am Kopf der Bauchspeicheldrüse sind komplex. Die Operation gliedert sich in die Resektionsphase und die sich anschließende Rekonstruktionsphase.
Resektionsphase
Um den Tumor und das betroffene Lymphabflussgebiet zu entfernen, müssen neben dem Pankreaskopf auch der Zwölffingerdarm (Duodenum) und die Gallenblase mit entfernt werden. In der ursprünglich beschriebenen Variante der Operation wird auch ein Teil des Magens mit entfernt (Whipple Operation). Heute versucht man den Magen möglichst mit dem Magen-Pförtner (Pylorus) zu belassen, um eine bessere Magen-Darmpassage zu ermöglichen. Diese Methode wird als PPPD bezeichnet (PPPD = pylorus preserving pancreaticoduodenectomy, engl. = Pylorus erhaltende Pankreaskopfresektion).
Rekonstruktionsphase
Nach der Resektionsphase folgt die Rekonstruktion. Als Erstes wird die Restbauchspeicheldrüse mit dem Dünndarm verbunden (Pankreatikojejunostomie). Dann wird der Gallengang mit dem gleichen Dünndarmabschnitt verbunden (Hepatikojejunostomie = Biliodigestive Anastomose). Die Gallenflüssigkeit wird so direkt in den Dünndarm geleitet, wo sie später auf die Nahrung trifft. Als Letztes wird das Ende des Magens mit dem Dünndarm verbunden (Gastrojejunostomie). Somit ist die Nahrungspassage wiederhergestellt.
Was ist eine Pankreasschwanzresektion?
Befindet sich der Tumor im Schwanz der Bauchspeicheldrüse, so wird dieser ggf. mit der nahe liegenden Milz entfernt. Hierbei werden die lokalen Lymphknoten mit entfernt. Eine Rekonstruktion ist nicht notwendig. Der Eingriff erfolgt bei uns nach Möglichkeit minimalinvasiv (Schlüssellochchirurgie). Vor einer Entfernung der Milz sollte eine Schutzimpfung gegen drei Krankheitserreger erfolgen (Hämophilus influenzae Typ b, Pneumokokken und Meningokokken).
Die Impfung wird laut Robert Koch Institut bis 14 Tage vor OP empfohlen. Kann die Impfung nicht vorher erfolgen, so sollte sie durchgeführt werden, wenn sich die Patientin oder der Patient gut von der OP erholt hat.
Welche Folgen kann die (Teil-)Entfernung der Bauchspeicheldrüse haben ?
Grundsätzlich erfüllt die Bauchspeicheldrüse zwei lebensnotwendige Aufgaben: Sie ist wichtig für die Verdauung (exokrine Funktion) und sie steuert die Blutzuckerregulation (endokrine Funktion).
Was bedeutet "exokrin"?
Produktion von Verdauungsenzymen, die für die Spaltung der Nahrung im Körper verantwortlich sind, damit die Nahrung vom Körper aufgenommen werden kann.
Was bedeutet "endokrin"?
Produktion der Hormone Insulin und Glukagon, die für die Regulation des Blutzuckers verantwortlich sind. Ohne Insulin kann keine Energie in die einzelnen Zellen des Körpers gelangen.
Was heißt das für Patient*innen?
Patient*innen müssen nach einer Teil-Entfernung der Bauchspeicheldrüse zu jeder Mahlzeit (auch bei Zwischenmahlzeiten) Pankreasenzyme einnehmen. Diese Enzyme spalten die Kohlenhydrate, Fette und Proteine aus der Nahrung auf, damit die Nahrungsbestandteile aufgenommen werden können.
Die Ernährungsberatung am Vivantes Humboldt-Klinkum unterstützt und schult unsere Patient*innen ausführlich dazu.
Direkt nach der Operation muss regelmäßig der Blutzuckerspiegel gemessen werden, um herauszufinden wie gut die endokrine Funktion der Bauchspeicheldrüse noch erhalten ist. Sollte diese nicht mehr ausreichend erhalten sein, kann es sein, dass Tabletten eingenommen oder Insulin gespritzt werden muss. Bei der genauen Einstellung hilft unsere Diabetesberatung.
Wie geht es nach der Operation weiter?
Nach 1-3 Tagen Intensivstation können Patient*innen das Krankenhaus meist nach 7-14 Tagen verlassen. Durch unseren Sozialdienst werden Sie bezüglich einer Rehabilitation beraten.
Durch unsere wöchentlich tagende Tumorkonferenz wird der Fall besprochen. In Abhängigkeit von der feingeweblichen Untersuchung und des Allgemeinzustandes der Patientin oder des Patienten wird häufig eine Chemotherapie empfohlen. Diese ist zeitlich begrenzt (ca. 6 Monate) und gegen womöglich verbliebene Tumorzellen gerichtet, um ein Lokalrezidiv oder Metastasen zu verhindern.
Nach Operation einer gutartigen Erkrankung ist natürlich keine Chemotherapie notwendig.
Qualität und Wissenschaftliche Arbeiten im Pankreaskrebszentrum
In den letzten 10 Jahren sind am Humboldt-Klinikum durch Prof. Dr. Adam und sein Team insgesamt 780 Pankreasresektion bei gut- und bösartigen Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse durchgeführt worden. Die Ergebnisse bzgl. Outcome und Qualität werden regelmäßig in wissenschaftlichen Publikationen veröffentlicht.
Seit 2018 werden alle am Pankreas operierten Patient*innen in die STUDOQ-Qualitätssicherungsstudie der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie eingeschlossen.
Seit 2022 nimmt das Pankreaskrebszentrum an der Pancalyze-Studie der Universität Bonn teil.