Autsch! Das brennt – was hilft gegen beißende, stechende und saugende Insekten?
Der Sommer steht für warme Temperaturen, Aktivitäten im Freien und Kuchen auf Terrasse oder Balkon. Da bleiben Insektenstiche nicht aus. Dr. Anne Henschel, Leitende Oberärztin der Klinik für Dermatologie und Allergologie am Vivantes Klinikum Spandau erklärt, wie wir uns schützen und was besonders Allergiker*innen beachten sollten.
Die meisten Insektenstiche sind harmlos – was können wir selbst tun?
Meist können Juckreiz, Schmerz, Hautrötung, oder Schwellung nach einem Stich selbst behandelt werden. Mit Hausmitteln, wie einer Zwiebel, die mit ätherischen Substanzen antiseptisch wirkt und gleichzeitig kühlt. Auch Blätter und Saft des Spitzwegerich mit antibakteriellen Stoffen helfen. Oder ein paar Tropfen verdünnter Essig lindern den Juckreiz.
Welche Risiken gehen von Insektenstichen aus?
Sie können Allergien auslösen, oder Krankheitserreger werden übertragen, die zu Infektionen führen. Es gibt stechende Insekten, wie Wespen, Hornissen, Hummeln, oder Bienen, die den Stachel als Waffe nutzen - zur Verteidigung wie die Biene, oder für die Jagd, wie die Wespe. Auf die Stiche reagieren manche Menschen allergisch. Andere Insekten, wie die Mücke, saugen Blut, um sich davon zu ernähren, sie sind mitunter Überträger von Viruserkrankungen.
Warum kommt es zu allergischen Reaktionen und wer ist betroffen?
Mücken injizieren uns eine Art Proteincocktail, damit unser Blut nicht gerinnt und sie es leichter aufsaugen können. Auf die körperfremden Stoffe reagieren wir mit einer Entzündung und Histamin-Ausschüttung. Kinder reagieren stärker, aber das Immunsystem macht einen Lernprozess durch. Auf Bienen- und Wespenstiche entwickeln etwa 25 Prozent der Erwachsenen Allergieantikörper. Wenn es eine genetische Veranlagung gibt und viele Stiche innerhalb von kurzer Zeit erfolgen, kann eine Allergie auftreten.
Häufig hören wir im Moment von der Kriebelmücke. Ist sie gefährlicher?
Kriebelmücken stechen nicht, sie sind sogenannte „Poolsauger“. Erst beißen sie eine kleine Wunde in die Haut, in der sich Blut sammelt, dann saugen sie es ab. Während es bei „herkömmlichen“ Mücken nur einen winzigen Punkt in der Mitte des Stichs gibt, ist es bei der Kriebelmücke eine fast stecknadelgroße Wunde, die auch stärker schmerzt. Natürlich ist durch die Größe der Wunde auch das Risiko einer bakteriellen Infektion größer. Auch Kriebelmücken sind eine kleine Biochemie-Fabrik, die mit ihrem Speichel das Gerinnungssystem des Wirtes verändern und das Blut flüssiger machen. Blaue Flecken sind oft die Folge.
Wann sollte eine Arztpraxis aufgesucht werden?
Wenn die Schwellung nach einem Stich weit über 10 cm über die Einstichstelle hinausgeht, beispielsweise den gesamten Oberschenkel betrifft, sollte man sich ärztlich vorstellen und das abklären. Aber auch bei Fieber, Unwohlsein, oder einer Rötung, die sich strichartig ausbreitet. Dann kann eine Behandlung mit einem Antibiotikum nötig werden, wenn eine Wundrose vorliegt.
Besteht auch die Gefahr einer Blutvergiftung?
Während die Wundrose die oberen Hautschichten betrifft und lokal begrenzt ist, wäre die Sepsis, also Blutstrominfektion bedrohlicher, beträfe mehrere Organsysteme, kommt aber nach Insektenstich selten vor, so sind beispielsweise Menschen mit sehr geschwächtem Immunsystem, Diabetiker*innen, Krebs- oder Rheumapatient*innen eher gefährdet.
Im schlimmsten Fall kann es bei Allergiker*innen zu einem anaphylaktischen Schock kommen. Wie zeigt sich dieser?
Das Risiko für einen allergischen Schock liegt bei 3-7 Prozent, wobei diese bei Mücken, oder Bremsen fast nie auftreten. Am häufigsten tritt die Anaphylaxie nach Wespen- und Bienenstichen auf, gefolgt von Hornissen und selten Hummeln. Wir sprechen davon, wenn der Körper eine systemische allergische Reaktion zeigt. Das heißt, mehrere Organsysteme sind betroffen: Die Haut durch Juckreiz, der Kreislauf – bis hin zu einer Ohnmacht - die Atmung, oder auch der Magen-Darmtrakt. Zuerst kribbeln Hände und Füße, dann hat man ein Rauschen im Ohr, einen Druck auf der Brust, eventuell auch Luftnot und ein allgemeines Schwächegefühl. Das ist der Moment, in dem man unbedingt die 112 wählen sollte und keinesfalls mehr selbst in eine Rettungsstelle fahren.
Wie können sich Allergiker*innen schützen?
Menschen mit einer nachgewiesenen Bienen- oder Wespenallergie und einer durchgemachten anaphylaktischen Reaktion sollten eine so genannte Hyposensibilisierung vornehmen lassen, auch Allergieimpfung genannt. Dazu wird bei einem stationären Klinikaufenthalt stark verdünntes, aufbereitetes Insektengift unter die Haut injiziert, das im Laufe der Behandlung stärker konzentriert wird. Später wird die Behandlung ambulant drei bis fünf Jahre fortgesetzt. So baut sich ein wirksamer Allergieschutz auf.
Allergiker*innen erhalten in der Klinik ein Notfallkit. Was ist darin enthalten?
Ein Adrenalin-Pen, der in den Oberschenkel injiziert wird. Die Patienten werden darin geschult. Bei Atemnot kann man zudem Kortison einnehmen, oder bei Quaddeln (Urtikaria) ein Antihistaminikum als Flüssigkeit.
Wie kann ich verhindern, gestochen zu werden?
Neben den üblichen Vorsichtsmaßnahmen, zum Beispiel Schuhe tragen, wenn man über eine Wiese läuft, helfen gegen Mücken engmaschige Netze, mit denen man sich beim Schlafen schützt. Diese können mit Permethrin besprüht sein. Auf die Haut kann man sogenannte Repellents auftragen, am wirksamsten sind DEET-haltige Produkte (DEET steht für Diethyltoluamid), die Insekten abwehren.