Veröffentlicht am

Essen in der Stillzeit

Vivantes Still-Expertin Jenny Herschel-Mindt erklärt worauf es wirklich ankommt

Der mütterliche Körper ist bestens dazu in der Lage, Milch in der nötigen Menge und in der optimalen Zusammensetzung für das Neugeborene bereitzustellen, sagt Vivantes Still-Expertin Jenny Herschel-Mindt. Viele stillende Mütter fragen sich jedoch, ob sie auf Besonderheiten für ihre eigene Ernährung achten sollten. Im Interview beantwortet Jenny Herschel-Mindt die häufigsten Fragen und was mehr Mythos als Realität ist.

Frau Herschel-Mindt, brauchen stillende Frauen mehr Kalorien?

Ja, wenn sie voll stillen, dürfen es pro Tag circa 530 Kilokalorien mehr sein. Ein Freibrief zum Naschen ist das allerdings nicht. Sinnvoller ist es, mehr Obst, Joghurt oder Brot zu essen. Die Faustregel der Deutschen Gesellschaft für Ernährung lautet: Die Kalorienmenge stimmt, wenn die Frau in der Stillzeit ihr Gewicht hält oder maximal 500 Gramm pro Woche abnimmt. Bei einer Diät sollten mindestens 1.800 Kilokalorien am Tag und alle Nährstoffe eines abwechslungsreichen Speiseplans zu sich genommen werden.

Sollten Stillende auf bestimmte Obst- und Gemüsesorten zunächst verzichten?

Nein, dass Stillende Kohl, Zwiebeln, Orangen etc. generell meiden sollen, gilt als überholt. Es gibt viele Gründe dafür, dass ein Baby wund ist oder Blähungen hat. Hilfreich kann sein, die betreffenden Lebensmittel zunächst in kleineren Mengen zu sich zu nehmen. Falls die stillende Mutter jedoch vermutet, dass ihr Kind auf ein bestimmtes Lebensmittel reagiert, dann sollte dieses vorübergehend weggelassen werden. Ist das betreffende Lebensmittel der Grund für die Beschwerden, sollten die sich innerhalb von 24 Stunden legen.

Wie verhält es sich mit Schadstoffen in Lebensmitteln: lieber Bio als konventionell?

Ernährungsexperten halten den Umstieg auf Biokost nicht für nötig. Auch wenn die Stillende herkömmlich produzierte Nahrungsmittel isst, ist ihr Baby nicht durch Schadstoffe in der Milch gefährdet.

Was ist mit Kaffee und Tee?

Koffein kann in die Milch übergehen und so zum Baby gelangen, das dann eventuell mit Unruhe reagiert. Zwei oder drei Tassen Tee oder Kaffee am Tag schaden jedoch normalerweise nicht. Wichtig ist zu beachten, dass auch in Cola, Eistee oder anderen Softdrinks Koffein stecken kann!

Fördern Stilltees die Milchbildung?

Einen wissenschaftlichen Nachweis für ihre milchfördernde Wirkung gibt es nicht. Vielleicht sorgen Still- und Milchbildungstees einfach dafür, dass stillende Mütter genug Flüssigkeit zu sich nehmen. Eine warme Tasse Tee entspannt – auch das ist indirekt stillfördernd. Zwei bis drei Tassen am Tag sind jedoch ausreichend.

Medikamente jeglicher Art sollten nur in Absprache mit dem behandelnden Arzt, der behandelnden Ärztin eingenommen werden.

Vivantes Still-Expertin Jenny Herschel-Mindt

Darf die stillende Mutter Medikamente nehmen?

Fast alle Mittel enthalten Wirkstoffe, die in die Milch übergehen. Daher ist in der Stillzeit Vorsicht geboten. Meine Empfehlung lautet: Medikamente jeglicher Art sollten nur in Absprache mit dem behandelnden Arzt, der behandelnden Ärztin und/oder dem Gynäkologen, der Gynäkologin eingenommen werden.

Was ist bei Allergiegefahr zu beachten?

Falls die Mutter, der Vater oder die Geschwister eine nachgewiesene Allergie haben, gilt ein Baby als allergiegefährdet. Grundsätzlich dürfen und sollen sich die Mütter allergiegefährdeter Babys in der Stillzeit abwechslungsreich ernähren. Es kann allerdings sinnvoll sein, bestimmte Nahrungsmittel zu meiden. Der Rat einer allergieerfahrenen (Kinder-)Ärztin, eines allergieerfahrenen (Kinder-)Arztes oder einer Ernährungsfachkraft sorgt für Sicherheit.

Was ist mit Alkohol und Nikotin?

Sowohl Alkohol als auch Nikotin gehen in die Muttermilch über. Ein unterer Grenzwert, der für das Baby nicht schädlich ist, ist nicht bekannt. Deshalb sollten stillende Frauen auf das Rauchen gänzlich verzichten und den Alkoholkonsum auf ein wirklich nur gelegentliches Glas Wein, Bier oder Sekt beschränken.