Neu auf Station – der „Delir Buddy“
Was ist ein Delir genau?
Patient*innen mit akutem Delir sind aufgrund von hirnorganischen Veränderungen verwirrt, oder orientierungslos. Grundsätzlich ist die Bewusstseinsstörung vorrübergehend, daher wurde es früher „Durchgangssyndrom“ genannt, das Delir kann aber lebensbedrohlich sein und zu kognitiven Schäden oder Traumata führen.
Wen betrifft es?
Viele Betroffene von Delir sind hochaltrig und haben eine Veranlagung, aber es gibt auch auslösende Faktoren. Je älter Patient*innen sind, desto geringer ist ihre sogenannte kognitive Reserve. Da kann beispielsweise ein Harnwegsinfekt ausreichen, um ein Delir auszulösen. Bei jüngeren Menschen ist ein Delir seltener, kommt aber auch vor. Hier wäre die Voraussetzung z.B. ein stärkeres Schädelhirntrauma oder eine tiefe, längere Narkose.
Wie erfolgt die Diagnose?
Die Patient*innen durchlaufen auf einzelnen Teststationen ein KI-Screening, bei dem anhand von Alter und Diagnose (und weiteren Faktoren) berechnet wird, wie wahrscheinlich ein Delir ist. Diese moderne Technologie hilft dem Personal dabei die Symptome besser einschätzen zu können. Zusätzlich überprüfen examinierte Pflegekräfte mit Hilfe von speziellen Delir-Tests die Aufmerksamkeits- oder Konzentrationsfähigkeit. Die Patient*innen werden angehalten Fragen zu beantworten, sollen zum Beispiel die Monate rückwärts aufsagen und erhalten Punkte zur Einschätzung ihrer Verfassung. Ergibt sich bei diesen Testverfahren ein entsprechendes Risiko, so werden unsere Delir Buddies gebeten, bei diesen Patient*innen aktiv zu werden.
Wer sind die Delir Buddies genau?
Wir haben in unseren Fachkliniken viele engagierte FSJler*innen und Pflegeazubis, die gern Verantwortung übernehmen. Ihnen biete ich eine eintägige Schulung an, bei der sie mehr über Delir erfahren und Kommunikationsstrategien erlernen, durch die sie auch ohne den Einsatz von Medikamenten Patient*innen helfen, einem Delir vorzubeugen. Nachdem sie einen Test bestanden haben, dürfen sie sich Delir Buddys nennen und sind eine riesige Stütze für unsere Pflege-Teams.
Inwiefern?
Studien belegen, dass kognitive Stimulation gegen Delir hilft. So lesen unsere Delir Buddies vor, spielen mit den Patient*innen Memory, unterhalten sich mit ihnen. Auch Kunst kann helfen. Wir schlagen den Patient*innen auch vor, Fotos von zuhause mitzubringen, damit sie ihre Familie immer um sich haben.
Die Delir Buddies verbringen also viel Zeit mit den Patient*innen?
Ja, sie bauen eine enge Beziehung zu ihnen auf, bringen oft auch viel kreatives Eigenengagement mit ein. Ein Delir Buddy sagte zum Beispiel, er habe jetzt einen ganz neuen Blick auf Kommunikation und darauf, wie er bei Patient*innen anklopft, eine pflegerische Maßnahme ankündigt und Patient*innen darauf vorbereitet. Delir Buddys sollen ein fester Bestandteil des Behandlungsteams mit einem eigenen Aufgabengebiet werden. Ein Delir Buddy sagte neulich zu mir, sie trage den Ansteckbutton, der sie als Delir Buddy ausweise mit großem Stolz.
Patient*innen mit Delir sind verwirrt und orientierungslos. Kann man Delir mit Demenz verwechseln?
Die Demenz verläuft schleichend, während das Delir akut auftritt. Eine wichtige Voraussetzung ist trotzdem, Patient*innen gut genug zu kennen um zu unterscheiden, ob das Verhalten etwas mit der individuellen Persönlichkeit zu tun hat, oder durch das Delir ausgelöst wurde. Deshalb sind unsere Delir Buddies so wichtig. Auch kann die Bewusstseinsstörung unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Daher ist es wichtig, dass Delir Buddies, Therapeut*innen, Ärzt*innen und Pflegekolleg*innen eng zusammenarbeiten und auch die Angehörigen einbeziehen.
In welchen Fachbereichen sind die Delir Buddies im Einsatz?
Außer auf der Geburtsstation haben wir in allen Fachkliniken freiwillige Teilnehmer*innen. Ein Delir Buddy hat bereits darum gebeten stationsübergreifend zum Einsatz zu kommen. Noch ist der Delir Buddy ein Pilotprojekt, im Herbst werden wir es evaluieren, damit es auch an anderen Vivantes Standorten Schule machen kann.