FSME und Borreliose: Zecken als Krankheitsüberträger

Frau Dr. Isner, was genau ist FSME?
FSME ist eine virusbedingte Entzündung (-itis) der Hirnhäute (Meningen) und des Gehirns (Enzephalon). Das Virus, welches FSME überträgt, wird in Deutschland vor allem durch die Zecke Ixodes ricinus übertragen. Es gibt mehrere Virussubtypen; der deutsche Begriff „FSME“ bezeichnet die Erkrankung mit dem europäischen Subtyp.
Was sind typische Symptome?
Der typische Verlauf ist zweiphasig. Die erste Phase beginnt mit grippeähnlichen Beschwerden wie Fieber und Gliederschmerzen, gefolgt von einem recht beschwerdefreien Intervall von bis zu einer Woche. In der zweiten Phase, welche nur bei 5 bis 30 Prozent der infizierten Menschen auftritt, kann es in unterschiedlicher Ausprägung zu einer Entzündung der Hirnhäute mit starken Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen und Fieber und einer Entzündung des Gehirns mit neurologischen Ausfällen wie Bewusstseinsstörungen, Lähmungserscheinungen, Schluck- und Sprachstörungen kommen. Mögliche bleibende neurologische Schäden wie Lähmungen, Anfallsleiden oder lange andauernden Kopfschmerzen sind selten und kommen mehr bei Erwachsenen vor. Bei circa 1 Prozent der Erkrankten führt die Erkrankung zum Tod.
Wie lässt sich FSME behandeln?
Die Therapie erfolgt symptomatisch. Eine spezifische antivirale Therapie ist nicht verfügbar. Es gibt jedoch einen Impfstoff gegen FSME, der einen wirksamen Schutz für Einwohnerinnen und Einwohner und Besuchende von Risikogebieten darstellt.
Für wen genau ist dann eine Impfung sinnvoll?
In Deutschland sind bisher zwei Impfstoffe für Kinder ab 1 Jahr zugelassen. Risikogebiete für eine FSME-Infektion in Deutschland sind vor allem Bayern und Baden-Württemberg, Südhessen, südöstliches Thüringen, Sachsen und seit 2022 auch südöstliches Brandenburg. Einzelne Risikogebiete befinden sich zudem in Mittelhessen, im Saarland, in Rheinland-Pfalz, in Niedersachsen und in Nordrhein-Westfalen. Aus Berlin wurden seit 2013 insgesamt 4 Fälle gemeldet. Außerhalb Deutschlands ist die FSME-Impfung für Reisende empfohlen, die in Endemiegebieten zeckenexponiert sind. In den Nachbarländern besteht ein Infektionsrisiko vor allem in der Tschechischen Republik und Österreich sowie in großen Teilen Polens und der Schweiz. In Frankreich wurden in den letzten Jahren vereinzelt FSME-Fälle aus dem Elsass beschrieben.
Wie lange braucht es, bis ein vollständiger Impfschutz aufgebaut ist?
In der Regel sind drei Impfungen notwendig, um den vollen Impfschutz zu erreichen. Nach der ersten Impfung wird nach 2 bis 12 Wochen die zweite Impfung empfohlen. Die dritte Impfung ist 5 bis 12 Monate nach der zweiten Impfung fällig. Der Impfschutz hält mindestens 3 Jahre.
Nach vollständiger Impfung kann bei 99 Prozent der Geimpften mit einem vollständigen Schutz vor FSME gerechnet werden. Bereits nach zwei Impfungen besteht bei 98 Prozent ein Schutz, der allerdings nur etwa 1 Jahr anhält. Von den Herstellern werden auch so genannte Schnellschemata angeboten, die kurzfristig vor einer Reise in ein Risikogebiet angewendet werden können - je nach Hersteller kann der Abstand zwischen der ersten und zweiten Impfung auf nur 7 bis 14 Tage verkürzt werden.
Kann eine Impfung auch noch unmittelbar nach einem Zeckenstich sinnvoll sein?
Leider kann eine Infektion bei Personen mit unzureichendem Impfschutz mit größter Wahrscheinlichkeit nicht verhindert werden. Dies liegt zum einen daran, dass ein sicherer Schutz erst nach zwei Teilimpfungen erreicht wird und zum anderen, dass schützende Antikörper erst 7 bis 14 Tage nach der Impfung gebildet werden. Bei einer bestehenden Teilimpfung wird der Schutz möglicherweise schneller erreicht.
Wo bekommt man die Impfung und übernimmt die Krankenkasse die Kosten?
Die Impfung erfolgt in den meisten Hausarztpraxen und die Kosten werden durch die Krankenkasse übernommen, wenn die Personen aus Endemiegebieten kommen oder in Endemiegebiete reisen.
Die zweite Krankheit, die im Zusammenhang mit Zeckenstichen auftaucht, ist Borreliose. Was ist das?
Borreliose ist eine bakterielle Infektion - auch Lyme-Borreliose oder Lyme-Krankheit genannt, wenn sie durch Borrelia burgdorferi verursacht wurde - die durch verschiedene Borrelienarten verursacht und durch Zecken übertragen wird.
Was sind hier die Symptome?
Das häufigste Symptom der Borreliose ist die so genannte Wanderröte (Erythema migrans), die Tage bis Wochen an der Zeckenbissstelle, aber auch an anderen Körperstellen, auftreten kann. Die ringförmige Hautrötung ist oft im Zentrum blasser als am Rand und der rote Ring wandert allmählich nach außen. Weitere allgemeine Krankheitssymptome wie Fieber, Muskel- und Kopfschmerzen und Müdigkeit können hinzukommen. In diesem Stadium sind Antibiotika immer indiziert, um eine weitere Ausbreitung und Entzündung des Nervensystems (so genannte Neuritis der Hirnnerven mit Lähmungen der Gesichtsnerven, Hörverlust etc.), des Herzens (so genannte Karditis, die mit Rhythmusstörungen einhergeht) und der Gelenke (so genannte Arthritis vor allem des Knies) zu verhindern.
Wie ist diese Krankheit behandelbar?
Im Gegensatz zur FSME kann die Borreliose durch Antibiotika behandelt werden. In den meisten Fällen reichen 10 bis 14 Tage Therapie aus.
Kann gegen Borreliose auch eine Impfung schützen?
Leider gibt es zurzeit keine Impfung gegen Borreliose.

Was empfehlen Sie, wenn nun noch kein (vollständiger) Impfschutz besteht und die Zecke tatsächlich in die Haut gestochen hat - Ihr Erste-Hilfe-1x1?
Die wichtigste Maßnahme neben der Vermeidung von Zeckenbissen (zum Beispiel lange Hosen, langärmelige Hemden, festes Schuhwerk, in die Socken gesteckte Hosenbeine, Repellents mit dem Wirkstoff Icaridin) ist das sorgfältige zeitnahe Absuchen des Körpers und der Kopfhaut nach Zecken. Das Infektionsrisiko steigt nämlich mit der Saugdauer. FSME-Viren werden sofort nach dem Stich, Borrelien mit 12 bis 48 Stunden Verzögerung übertragen. Wenn die Zecke innerhalb von 24 Stunden entfernt wurde, ist das Risiko einer Borreliose äußerst gering. Es sollte beim Entfernen darauf geachtet werden, dass möglichst alle Teile der Zecke entfernt werden, um eine Entzündung zu vermeiden. Hierzu greift man die Zecke mit einer Pinzette oder einem speziellen Zeckenentfernungsinstrument nahe der Hautoberfläche, also an ihrem Kopf - niemals am Körper! - und zieht sie langsam und gerade aus der Haut. Die Zecke sollte dabei auf keinen Fall vor dem Entfernen mit Öl oder Klebstoff beträufelt werden. Dies würde das Tier unnötig reizen und könnte dazu führen, dass es seinen Speichel und somit mögliche Infektionserreger abgibt. Nach Entfernung der Zecke ist eine sorgfältige Desinfektion der Wunde empfohlen.