Neue OP gegen Rhizarthrose - wie die Handchirurgie die Lebensqualität verbessert
Mit welchen medizinischen Fragen kommen Patient*innen in die Handchirurgie?
Akute Verletzungen wie Knochenbrüche, Sehnen- und Nervenschäden, chronische Erkrankungen wie das Karpaltunnelsyndrom, Arthrose oder rheumatischen Veränderungen gehören zu den Gründen, aus denen Patient*innen zu uns kommen. Auch Tumore, Fehlstellungen oder angeborene Anomalien können operative Eingriffe erfordern.
Gelenk-Operationen gelten als anspruchsvoll. Was genau macht die Hand besonders?
Die Hand besteht aus einer Vielzahl von Gelenken, die für die präzise Beweglichkeit und Feinmotorik verantwortlich sind und einem komplexen Zusammenspiel von Knochen, Sehnen, Muskeln, Nerven und Blutgefäßen. Operateur*innen brauchen viel Erfahrung, damit es nicht zu Funktionsverlusten, oder Einschränkungen der Beweglichkeit kommt, oder gar zu dauerhaften Nervenschäden.
Wie kommt es zu schweren Handverletzungen?
Handverletzungen machen über 30 Prozent der Unfälle aus, weil man die Hände in Gefahrensituationen zum Abstützen nutzt und sie ungeschützt sind. Auch im Alltag und bei der Arbeit gehören die Hände zu den am meisten exponierten Körperteilen. Das zunehmende Lebensalter der Bevölkerung steigert zudem die Häufigkeit von Arthrosen, auch im Bereich der Handknochen. Das führt dazu, dass Gelenkersatzoperationen an der Hand im Vergleich zu anderen Gelenkprothesen exponentiell zunehmen.
Wie wird die Rhizarthrose behandelt?
Konservativ kann die Rhizarthrose mit Schienen und Bandagen behandelt werden, um das Gelenk zu entlasten und zu stabilisieren sowie mit Schmerzmitteln, oder Cortison-Injektionen. Auch Physiotherapie kann helfen, um die Muskulatur zu stärken und die Beweglichkeit zu erhalten. Aber häufig greifen diese Maßnahmen nicht, weil die Schmerzen überhandnehmen und der Knorpelschaden zu weit fortgeschritten ist. Dann wird eine Operation notwendig. Die gängigste Methode war lange Zeit die Trapeziumresektion (Entfernung des Handwurzelknochens). Dies geht aber häufig mit einer Kraftminderung einher und einer Verlagerung der anschließenden Knochenreihe zum Handgelenk hin.
Mit der Neuentwicklung der Prothesen für diesen Bereich haben wir aber eine sehr gute Alternative zu dem bisherigen Verfahren, weshalb ich mich seit 2017 für einen Gelenkersatz als Alternative einsetze.
Welche Vorteile hat eine Endoprothese?
Wir setzten eine Prothese ein, die eine Beweglichkeit in alle Richtungen von über 130 Grad erlaubt. Außerdem wird die Kraft und Funktionalität der Hand am ersten Strahl erhalten (Beuge und Strecksehe am Daumen verkürzen sich nicht). Auch die Schmerzen werden sofort gelindert. Das neue verwendete Material schont den Knochen zudem besser, als die Materialien, die bisher genutzt wurden.
Die Entfernung des Handwurzelknochens führt häufig zu Kraftminderung, daher setze ich mich seit 2017 für einen Gelenkersatz als Alternative ein.
Wo kann so eine Operation durchgeführt werden?
Bisher ist der Eingriff noch kein Standard; bis wir 2017 damit anfingen, wurden jährlich weniger als 200 solcher Gelenkprothesen in Deutschland eingesetzt. Mit der Entwicklung der dritten Generation der Prothesen sind es inzwischen ca. 3500, die bundesweit jährlich implantiert werden.
Das komplikationslose Einsetzen dieser Prothese erfordert eine sehr große Expertise, damit die Patient*innen und auch die Operateure anschließend nicht leiden müssen. Nur ausgewiesene Expert*innen, die das Verfahren mindestens in dreistelliger Zahl durchgeführt haben, kommen aus meiner Sicht und der Sicht von anderen Expert*innen für den Eingriff in Frage.
Um dieses Wissen weiterzuvermitteln, planen wir dieses Jahr weltweit erstmalig einen Prothesenkurs für die Gelenke von Ellenbogen bis Fingerspitze. Interessierte Operateur*innen aus ganz Deutschland, der Schweiz und Österreich werden bei diesem Kurs an Humanpräparaten an die Technik herangeführt. Die Nachfrage ist so groß, dass die Kurse im Wissenschaftshaus des Max-Planck-Instituts (Harnack-Haus) für das Jahr 2024 bereits ausgebucht sind und für das Jahr 2025 ebenfalls zur Hälfte.
Prof. Dr. Mohssen Hakimi leitet seit 2014 das Handchirurgische Zentrum Mitte im Vivantes Klinikum Am Urban.